Rede der Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit anlässlich der Trauerfeier für Hamburgs Ehrenbürgerin Hannelore Greve

Es gilt das gesprochene Wort!


Liebe Familie Greve,

sehr geehrte Trauergemeinde,

 

wir nehmen heute Abschied von unserer Ehrenbürgerin Hannelore Greve.

 

Hamburg trauert um eine große Hamburgerin, an die wir heute mit Respekt und Dankbarkeit denken wollen.

 

Hannelore Greve wurde 1926 in Wesel geboren, heiratete 1944 mitten im Krieg ihren Helmut – einen Hamburger Kaufmannssohn. Tatsächlich kennengelernt hatte sich das Ehepaar Greve 1942 nicht in Kiel, sondern beim Tanzen in Wesel, wo Helmut Greve in Kriegszeiten als junger Marinesoldat stationiert war.

 

Hannelore Greve war eine starke Persönlichkeit, die als Ehefrau dreier Töchter, Mutter und Unternehmerin immer mit Leidenschaft agierte.

 

Dies ist umso beeindruckender, berücksichtigt man die Zeit der Nachkriegsjahre, wo Mädchen und Frauen sich nach der Rückkehr der Männer aus dem Krieg wieder rasch in das traditionelle Rollenbild einfügen mussten.

 

Doch Hannelore Greve wollte nicht nur die stille Begleiterin eines erfolgreichen Ehemannes sein – der dies übrigens nach kurzer Bedenkzeit ebenso wenig wollte.

Hannelore Greve hatte immer schon eine Vorliebe für englische Stilmöbel und eröffnete 1969 ein entsprechendes Einrichtungshaus, das ihren Namen trägt und immer mal zu den größten seiner Art in Deutschland zählt.

 

Als die Kinder „aus dem Haus“ waren, wie man so sagt, investierte sie ihre Zeit noch mehr in eigene Projekte als vorher.

 

Als am 14. September 2004 das Ehepaar hier im Michel diamantene Hochzeit feierte – 60 Jahre Ehe!

Umschrieb Hannelore Greve seinerzeit den Kitt, der die beiden zusammenhält so:

„Wichtig ist, dass der Partner einem wichtig bleibt. Und man muss Vertrauen, Verständnis und dieselben Ziele haben."

 

In den Jahren nach ihrer Hochzeit entwickelte sich das Ehepaar Greve zu einem erfolgreichen Unternehmerpaar.

 

Gemeinsam bauten Hannelore und Helmut Greve ab 1950 eine Immobilienfirma auf, aus der ein Familienkonzern mit etwa 20 Einzelfirmen erwuchs.

 

Unternehmer. Stifter. Mäzene. Das Erfolgsgeheimnis der Greves: Sie waren ein eingespieltes Duo, das stets zusammen auftrat und sich hervorragend ergänzte. Für keinen der beiden wäre ein Erfolg ohne den anderen denkbar gewesen. So waren sie mehr als 70 Jahre ein erfolgreiches Team – privat wie beruflich.

 

Soziales Engagement war für das Ehepaar Greve eine Herzensangelegenheit: Schon früh engagierten sie sich zunächst im Rahmen der mennonitischen Kirche, der Helmut Greve in Fortführung der Familientradition angehörte

Auch international galt Hannelore Greve durch ihre Förderung zahlreicher humanitärer, kultureller und wissenschaftlicher Projekte als Vorbild des sozialen Engagements. Dazu zählt das Hilfswerk „Aus großer Freude e.V“ – ein Verein, der humanitäre Hilfe in Südamerika sowie in Süd- und Osteuropa leistet sowie die Initiierung und Förderung musikalischer Studiengänge an Universitäten in Estland und Ungarn.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Fundament für das Lebenswerk von Hannelore und Helmut Greve war ihre Partnerschaft, ihre Ehe, ihre unverbrüchliche Zuneigung und ein klarer gemeinsamer ethischer Kompass. In der Öffentlichkeit werden die Namen beinahe immer in einem Atemzug genannt. Das heißt aber nicht, dass beide nicht auch individuell wahrgenommen wurden.

 

Hannelore Greve war Ehrensenatorin der Universität Hamburg, erhielt die Ehrendoktorwürde der Universität Tallinn – eine schöne Auszeichnung für ihre Verdienste um die Hamburger Musiktherapieausbildung.

 

2008 wurde sie mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

 

Im Jahr 2005 fasste die Hamburgische Bürgerschaft den Beschluss, das Ehepaar Greve in den Kreis unserer Ehrenbürgerinnen und Ehrenbürger aufzunehmen. Und zeichnete damit zum ersten Mal in Hamburgs Geschichte gleich zwei Personen mit der Ehrenbürgerschaft der Stadt Hamburg aus.

 

Hannelore Greve war nach Ida Ehre und Gräfin Dönhoff die dritte Frau, die diese Auszeichnung erhielt.

 

Es war damals wie heute eine gute und richtige Entscheidung.

 

Denn mit dieser höchsten Auszeichnung, die unsere Freie und Hansestadt zu vergeben hat, wurde ihr jahrzehntelanges vorbildliches Engagement in und für Hamburg gewürdigt.

 

Mit hohem persönlichen Einsatz und gesellschaftlichem Verantwortungsgefühl förderten Hannelore und Helmut Greve gemeinsam die Wissenschaft, die Kultur und unzählige soziale Projekte.

 

Und hinterlassen damit ihre Spuren in Hamburg, aber auch weit über unsere Landesgrenzen.

 

Dabei hat das Ehepaar Greve der Gemeinschaft immer aus dem eigenen Vermögen gegeben. Mit einer klaren Vorstellung, wo das Geld eingesetzt werden soll, immer nachhaltig und für die Menschen.

Hannelore Greves große Leidenschaft war unübersehbar die Förderung der Wissenschaft und der Kultur.

 

Als im Jahre 2004 die Akademie der Wissenschaften von der Hamburgischen Bürgerschaft gegründet wurde, übernahm die Greve-Stiftung die Anfangsfinanzierung – und machte es der Institution dadurch erst möglich, das Renommee zu erwerben, das sie heute bundesweit ausstrahlt.

 

Die über viele Jahre währende Geschichte der wunderbaren zwei Flügelbauten zur Erweiterung der Universität hat erst durch beharrliches Mitwirken der beiden Mäzene ein gutes Ende gefunden. Dabei spiele ich nicht so sehr auf die großzügige Spende an, sondern meine vielmehr den kreativen Ansatz, mit dem Frau Greve das stilvolle Bauwerk vom Konzept bis hin zur Ausgestaltung mitbegleitet hat.

 

Es ist eben dieses stadt- und kunsthistorische Bewusstsein gepaart mit dem Ehrgeiz, in kluge Ideen zu investieren und diese sorgfältig umzusetzen – auch das zeichnet ihr bürgerschaftliches Engagement für die Allgemeinheit aus.

 

Zu den geförderten Projekten der Familie Greve zählt zudem ein Erweiterungsbau des PATRIZIA KinderHauses, einem Nachsorgezentrum des Kinderkrankenhauses Wilhelmsstift.

 

Die Wohltaten Hannelore Greves beschränken sich also nicht allein auf Leuchtturmprojekte wie etwa die Elbphilharmonie, die sie mit ihrem Ehemann finanziell angeschoben hat. Vieles geschieht auch in kleinerem, aber nicht weniger wirkungsvollen Rahmen, wenn wir zum Beispiel an den Hannelore-Greve-Literaturpreis denken, der im Jahre 2004 gestiftet wurde.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

wir haben nicht nur eine Ehrenbürgerin verloren, sondern vor allem eine Frau, die mit ihrer Großzügigkeit ein Vorbild gewesen ist.

 

Hannelore Greve war eine Frau voller Tatendrang und Leidenschaft. Sie setzte in Gang, was aus ihrer Sicht einen Anschub benötigte. Sie initiierte, was ihr fehlte. So hat sie unsere Stadt mitgestaltet und vorangebracht.

 

Von ihrem jahrzehntelangen Engagement haben unzählige Menschen in unserer Stadt profitiert – auf sozialem, wissenschaftlichem und kulturellem Gebiet. Sie gab viel für die Gemeinschaft und wird uns fehlen.

 

Liebe Familie Greve,

sehr geehrte Trauergemeinde,

 

für Hamburg und natürlich vor allem für Sie, liebe Familie Greve ist der Tod von Hannelore Greve ein schwerer Verlust.

 

Unser aufrichtiges Mitgefühl gilt Ihnen, liebe Familie Greve. Möge Ihnen jene Zuversicht geschenkt, die jeder von uns in den schweren Zeiten des Abschieds benötigt. Wir wünschen ihnen in Ihrer Trauer Kraft und Trost.

 

Die Hamburgische Bürgerschaft wird Hannelore Greve stets ein ehrendes Andenken bewahren.

 

Vielen Dank.


Datum: Freitag, 10. November 2023, 12:00 Uhr
Ort:
Hauptkirche St. Michaelis ​​​​​​​