Ansprache der Präsidentin anlässlich des terroristischen Überfalls in Israel

Es gilt das gesprochene Wort!


Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleg:innen,


seit dem Wochenende erreichen uns erschütternde Nachrichten aus Israel. Tausende Menschen haben in den vergangenen Tagen ihr Leben verloren oder wurden verletzt. 


Unsere Gedanken sind bei den Opfern, die aktuell um ihr Leben kämpfen. Im Namen der Hamburgischen Bürgerschaft spreche ich ihnen und ihren Angehörigen unser tiefes Mitgefühl aus.


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Der Angriff der Hamas auf Israel hat auf grausame Weise entsetzliches Leid ausgelöst. 
Dieser Terroranschlag ist in seiner Brutalität beispiellos und kaum zu ertragen. Wir verurteilen diesen Angriff aufs Schärfste – genau wie wir diejenigen verurteilen, die sich an die Seite von Terroristen stellen. 


Und die Hamas missbraucht auch Palästinenser:innen, die einfach nur in Frieden leben möchten. Jetzt stehen sie voller Furcht zwischen den Fronten. 


Am 6. Oktober 1973 begann der Jom-Kippur-Krieg; die 5. kriegerische Auseinandersetzung seit dem Palästina-Krieg 48/49. 
Es folgten Suez-Krise, 6-Tage-Krieg und Abnutzungskrieg. 


Ungezählte Konflikte folgten und die Weltgemeinschaft begleitet diese politische, humanitäre und kulturelle Dauerkrise - ohne dass sie substantiell helfen konnte - ein dreiviertel Jahrhundert Tod und Verzweiflung.


Währenddessen sind in anderen Teilen der Welt eiserne Vorhänge gefallen und Feinde zu Freunden geworden, die Spirale der Gewalt in Nahost aber dreht sich weiter. 


Das Ausmaß der aktuellen Eskalation könnte irreversibel sein, sich zu einem Flächenbrand in der ganzen Region ausweiten und: noch mehr Leid für die Menschen dort bringen. Unsere Pflicht ist, mit allen Mitteln und Wegen weitere zivile Opfer, weiteres Leid zu vermeiden. 


Meine sehr geehrten Damen und Herren,


wir stehen fest an der Seite des israelischen Volkes, dem wir in tiefer Freundschaft verbunden sind. 


Mein letztes Gespräch mit dem israelischen Botschafter Ron Prosor liegt erst wenige Wochen zurück. Ich erinnere mich den zugewandten und optimistischen Austausch über den konkreten Ausbau unserer Beziehungen. Es war ein Gespräch unter Freunden. Und Freunde halten zueinander. Das müssen wir nun beweisen.
 
Was können wir tun?


Ohne völkerübergreifenden Austausch wird es keine Verständigung geben. 
Viele Hamburgerinnen und Hamburger pflegen intensive Verbindungen nach Israel. 
Bereits seit Jahren findet sowohl in Wissenschaft, Forschung und Innovation wie auch in der Bildung und Jugendarbeit reger Austausch und engmaschige Kooperation zwischen Hamburger und israelischen Einrichtungen statt. 


Und das ist eine sehr enge, im Alltag gelebte Partnerschaft. 


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Zahlreiche wertvolle Projekte bringen Menschen aus Israel, Palästina und Deutschland zusammen. Gerade jetzt dürfen wir nicht aufhören, für Versöhnung und Menschlichkeit zu werben. 


Geleitet vom Weltbürger Daniel Barenboim demonstrieren in einem arabisch-israelischen Orchester junge Musiker:innen Seite an Seite ihre Hoffnung auf Frieden. 
Sie sind überzeugt, dass es möglich ist, Brücken zu bauen, um die Sichtweise des anderen anzuhören und sie sagen: 


„There is no military solution to the Arab-Israeli conflict, and the destinies of Israelis and Palestinians are inextricably linked. 

Based on this notion of equality, cooperation, and justice for all, the orchestra represents an alternative model to the current situation in the Middle East.“


Das klingt wie ein Wunschtraum und Widerspruch gleichzeitig – angesichts des Leidens auf allen Seiten. 


Aber wir dürfen jetzt die Wege der Verständigung und des Miteinanders nicht verlassen. 
Wir Demokrat:innen müssen diese Widersprüche aushalten und harte Diskussionen führen – ohne dabei unsere Rolle aus den Augen zu verlieren.


Vielen Dank!


Datum: Mittwoch, 11. Oktober 2023, 13:30 Uhr
Ort:
Plenarsaal, Rathaus