90 Jahre NS-Machtergreifung in Hamburg, Amoklauf in Alsterdorf und Bau der A26-Ost – die Bürgerschaft am Mittwoch

Präsidentin Carola Veit eröffnet am Mittwoch die 64. Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft in der laufenden Legislaturperiode mit einer Ansprache zum Anlass „90 Jahre Machtergreifung der Nationalsozialisten in Hamburg“. Es folgt Innehalten für die Opfer des Amoklaufs in den Räumlichkeiten der Zeugen Jehovas in Alsterdorf. Die Übertragung der Sitzung erfolgt im Live-Stream und als Stream in Deutscher Gebärdensprache und zeitversetzt mit Untertiteln.

 

Aktuelle Stunde


Zu Beginn der Sitzung wird auf Anmeldung der CDU-Fraktion über die Verkehrspolitik debattiert: „Durchsetzungsschwacher Bürgermeister, zerstrittener rot-grüner Senat – scheitern SPD und GRÜNE an der A26-Ost und der Köhlbrandquerung?“. Mit dem Bau der neuen Autobahn A26-Ost möchten der Bund und die Stadt Hamburg die Lücke im überregionalen Bundesfernstraßennetz schließen, Lärm- und Schadstoffbelastungen in den städtischen Wohnquartieren verringern und den Verkehr verlässlicher durch den Hafen führen. Angekündigte Sparmaßnahmen beim Haushaltsausschuss des Bundes lösten in den letzten Tagen eine Debatte über die Realisierung des Projektes aus. Gleichzeitig kritisiert die CDU die Umsetzung des Köhlbrandtunnels, der künftig die Köhlbrandbrücke ersetzen solle, die Fertigstellung des Projektes verzögere sich jedoch um einige Jahre, wodurch die CDU auch höhere Ausgaben befürchtet. Die Opposition fordert nun vom Senat eine entschiedene und geschlossene Umsetzung beider Projekte in Zusammenarbeit mit dem Bund: „Hamburg braucht gerade jetzt einen Bürgermeister, der wichtige Infrastrukturprojekte für unsere Stadt und unseren Hafen durchsetzt.“

 

 

Anschließend wird auf Anmeldung der Fraktion DIE LINKE debattiert: „Nach dem tödlichen Angriff in Alsterdorf: Verantwortung? Fehlanzeige! Behördenversagen und Falschinformationen erfordern politische Konsequenzen!“. Am Abend des 9. März wurden sieben Menschen tödlich verletzt. Ein Amoktäter schoss auf Mitglieder der Gemeinde „Jehovas Zeugen“ in Alsterdorf. Die schreckliche Tat erschüttert die ganze Stadt. Polizei und Rettungskräfte waren schnell mit einem großen Aufgebot vor Ort und verhinderten weitere Opfer. Bei dem Täter handelt es sich um ein ehemaliges Mitglied der Gemeinde, als Sportschütze konnte er legal eine Waffe besitzen. Im Internet hatte der Sportschütze Monate vor der Amoktat eine zweifelhafte Schrift vertrieben, die laut Medienberichten bereits darauf hindeute, dass der Täter menschenfeindliche und insbesondere frauenverachtende Weltvorstellungen hegte. Laut Innenbehörde habe allein der Titel des Buches nicht als Hinweis auf Tatsachen ausgereicht, um Zweifel an der waffenrechtlichen Eignung zu erhärten. DIE LINKE kritisiert, dass die Polizei nicht weiter nachgeforscht habe und fordert, dass „Polizeipräsident und Innensenator die politische Verantwortung tragen und Konsequenzen ziehen”.


Weitere Themen in der Aktuellen Stunde:

  • „Rot-Grün rollt Klimaextremisten den roten Teppich aus“ (angemeldet von der AfD-Fraktion)

  • „Energiewende im Hafen: In Moorburg legt Hamburg den Grundstein für umweltfreundlichen Wasserstoff von der Waterkant“ (angemeldet von der SPD-Fraktion)


Aus der Tagesordnung (Auswahl)


Die SPD-Fraktion meldet eine Debatte über den Bericht des Verfassungs- und Bezirksausschusses an: „Studierende entlasten – das Deutschlandticket für alle erschwinglich machen“ (Drs. 22/11298). Zum 1. Mai 2023 wird das Deutschlandticket eingeführt. Damit werde laut Koalition ein Paradigmenwechsel im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) eingeläutet. Das bundesweit gültige Ticket zum Preis von 49 Euro mache den ÖPNV für die Fahrgäste erschwinglich, im HVV würden damit die meisten bisherigen Monatstickets obsolet und der Verkehrsbetrieb könne auch neue Abokund:innen werben, die von dem bundesweiten Angebot profitierten. Dies sei ein großer Schritt auf dem Weg zur Mobilitätswende. Studierende in Hamburg zahlen für ihr obligatorisches Semesterticket, das im HVV-Gebiet gilt, bisher rund 31 Euro im Monat. Auch ihnen soll nun übergangsweise die Option eingeräumt werden, gegen einen Aufpreis eine deutschlandweite Nutzung freizuschalten. SPD und GRÜNE fordern den Senat auf, zum Wintersemester 2023/2024 ein Deutschlandticket für Studierende im Solidarmodell anzubieten, das etwa 30 Euro kosten solle.

 

Anschließend wird auf Anmeldung der GRÜNEN das Thema „Erstes Hamburg Food Festival – Ernährungssektor in Hamburg stärken und von Anfang an als nachhaltigen Tourismusmagneten etablieren“ (Drs. 22/11244) debattiert. Die Ernährungsbranche befinde sich in einem fundamentalen Wandel, so die GRÜNEN und die SPD. Aktuell verändere sich das Ernährungsverhalten der Konsument:innen und zudem führten ökologische und damit auch ökonomische Faktoren zu einer regelrechten Transformation. Rund 30 Prozent der CO2-Emissionen seien auf die Nahrungsmittelproduktion weltweit zurückzuführen. Für Hamburg bedeute daher eine Ernährungswende ebenfalls ein hohes CO2-Einsparpotenzial, um die Klimaziele zu erreichen. Deswegen solle der Sektor Ernährung neuer Wirtschaftsschwerpunkt in Hamburg werden. Für 2023 unterstützt die Stadt Hamburg die Veranstalter:innen dabei, ein neues Highlight im kulturellen und touristischen Jahreskalender Hamburgs zu etablieren. Dabei fordern die Fraktionen von SPD und GRÜNEN, dass das Festival bei erfolgreichem Verlauf verstetigt wird.

 

Zum Schluss der Sitzung möchte die AfD-Fraktion eine Debatte über „Vermeintlich energetische Premiumprodukte verhindern den Wohnungsbau – Hindernisse beseitigen und Angebote schaffen“ (Drs. 22/11304) führen. Die Bundesregierung strebt an, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen und der Hamburger Senat trägt mit geplanten 10.000 Wohnungen in Hamburg seinen Teil dazu bei. Aufgrund der gestiegenen Baukosten und dem Fachkräftemangel hat der Senat jedoch zuletzt sein Ziel nicht mehr voll erreicht.

Laut AfD-Fraktion erreiche Hamburgs Wohnungsdefizit den höchsten Stand seit 20 Jahren. Zugleich, so die AfD, werde die Bauindustrie in Deutschland massiv in ihrem Planungs- und Produktionsprozess reguliert und eingeschränkt. Die AfD-Fraktion möchte, dass die Erhöhung der Grunderwerbsteuer rückgängig gemacht und geplante Richtlinien, wie der Entwurf des neuen Klimaschutzgesetzes zurückgezogen werden, damit sich Bauen für die Industrie wieder lohnen würde.

 

Alle weiteren Themen finden Sie in der Tagesordnung.


Sie können die Sitzung ab 13:30 Uhr im Live-Stream und – zeitversetzt – als Live-Stream mit Untertiteln verfolgen. Für hörbeeinträchtigte Menschen bieten wir ebenfalls einen Live-Stream der Bürgerschaftssitzungen an.


Alle Debattenbeiträge finden Sie am Folgetag zum Anschauen und Herunterladen in unserer Mediathek.