29. Januar: Sitzung der Bürgerschaft

Die 112. Sitzung der Bürgerschaft in dieser Wahlperiode beginnt wie üblich mit einer Aktuellen Stunde, für die vier Fraktionen jeweils ein Thema angemeldet haben. In der Regel können in der zur Verfügung stehenden Zeit die ersten beiden Anmeldungen debattiert werden. Die Aktuelle Stunde dauert 75 Minuten; Beiträge von Senatsmitgliedern verlängern sie.


Aktuelle Stunde (Auswahl)


Die Fraktion DIE LINKE hat den Umgang mit Geflüchteten in den überfüllten Unterkünften auf den griechischen Inseln angemeldet. Sie kritisiert einen Antrag von SPD und GRÜNEN, wonach sich Hamburg auf Bundesebene für die Aufnahme minderjähriger unbegleiteter Geflüchteter aus Griechenland einsetzen solle. Diese Erklärung sei zu allgemein, Hamburg müsse sich bereiterklären, mehr zu tun. „Tatkräftige Hilfe statt unverbindlicher Worte: Aufnahme von 70 minderjährigen Geflüchteten aus Griechenland jetzt!“, lautet die Anmeldung.

 

Die FDP-Fraktion thematisiert die Diskussion um eine Lockerung des Vermummungsverbots bei Demonstrationen. Im Kern geht es darum, dass die GRÜNEN die Forderung in ihrem Wahlprogramm, Vermummung künftig nicht mehr als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit zu ahnden, überdenken wollen. Die Liberalen werten dies als „unglaubwürdige Kehrtwende“. „Für Experimente ungeeignet: Rechtsstaatliche Themen gehören nicht ins ‚grüne Labor‘“, lautet die Anmeldung.


Die weiteren angemeldeten Themen der Aktuellen Stunde:

  • Auch wenn Rot/Rot/Grün es leugnen – Meinungsfreiheit in Hamburg in Gefahr! (angemeldet von der AfD-Fraktion)

  • Erfolgreiche Politik für die ganze Stadt: Sozialer Wohnungsbau in Hamburg auf dem höchsten Stand seit 20 Jahren. (angemeldet von der SPD-Fraktion)



Aus der Tagesordnung


Die Wahl der Mitglieder des Hamburgischen Verfassungsgerichts gehört zur ureigenen Aufgabe der Bürgerschaft. In geheimer Wahl stimmen die 121 Abgeordneten darüber ab, wer dem Verfassungsorgan jeweils für die Dauer von sechs Jahren angehört.


Der amtierende Präsident des Hamburgischen Verfassungsgerichts, Friedrich-Joachim Mehmel, tritt Ende Januar 2020 in den Ruhestand. Deshalb entscheidet die Bürgerschaft am 29. Januar 2020 über seine Nachfolge. Das Vorschlagsrecht liegt beim Senat. Mit Birgit Voßühler steht in der Geschichte des Gerichts erstmalig eine Frau zur Wahl als Präsidentin. Sie ist seit 2017 als Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts tätig und gehört dem Hamburgischen Verfassungsgericht bereits seit 2014 an - zunächst als vertretendes Mitglied und seit 2016 als Mitglied. In seiner Begründung hebt der Senat hervor, dass die Kandidatin auf Grund „ihrer hohen juristischen Fähigkeiten, ihrer langjährigen richterlichen Tätigkeit (…) in besonderem Maße für das Amt“ geeignet sei (Drucksachen-Nummer 21/19675).


Neben dem Präsidenten besteht das höchste Gericht der Freien und Hansestadt aus acht weiteren Mitgliedern. Drei von ihnen müssen – neben dem Präsidenten – hamburgische Richterinnen oder Richter auf Lebenszeit sein. Zwei weitere müssen die Befähigung zum Richteramt besitzen, also zum Beispiel Rechtsanwälte sein. Für jedes Mitglied ist eine ständige Vertretung zu wählen. Nach Ablauf der Amtszeit ist eine einmalige Wiederwahl zulässig.


Das Hamburgische Verfassungsgericht ist kein „Präsenzgericht“, sondern tritt nur zusammen, wenn es angerufen wird. Es ist insbesondere zuständig für die in Art. 65 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg benannten Streitigkeiten zwischen Verfassungsorganen, für Entscheidungen über die Vereinbarkeit von Landesgesetzen und Landesrechtsverordnungen mit der Hamburgischen Verfassung, für Beschwerden gegen die Gültigkeit von Wahlen zu Bürgerschaft und Bezirksversammlungen sowie für Streitigkeiten über die Durchführung von Volksbegehren und Volksentscheiden.

 


Zur Debatte angemeldete Punkte (Auswahl):


Die AfD-Fraktion möchte erreichen, dass die Auswirkungen auf den Verkehr durch den geplanten achtstreifigen Ausbaus der Autobahn 7 im Süden Hamburgs so gering wie möglich ausfallen. Im Zuge des Projektes finden auch auf der Bundesstraße 73 sowie der Waltershofer Straße umfangreiche Bauarbeiten statt. Schon jetzt sei die Verkehrssituation im Hamburger Süden „mehr als nur angespannt“, heißt es in dem Antrag (Drucksachen-Nummer 21/19705). „Tagtäglich bilden sich hier Staus, die nicht hingenommen werden sollten.“ Die Fraktion fordert der Senat deshalb auf, die „Einrichtung einer Baustelle in maximalem Mehrschichtbetrieb zu prüfen und wenn möglich einzurichten“. Bauarbeiten „rund um die Uhr“ sind wegen des Lärms üblicherweise nur in wenigen Fällen möglich. Dies dürfte nach Ansicht der Fraktion an der B 73 „unproblematisch sein, weil dort vorwiegend lediglich Gewerbebetriebe ansässig“ seien.

 

Auf Antrag der SPD-Fraktion befasst sich die Bürgerschaft mit dem Klimaschutz. Mit einem fraktionsübergreifenden Antrag wollen die Fraktionen von SPD, CDU, GRÜNE und DIE LINKE die Begrenzung der Erderwärmung als Staatsziel in der Hamburgischen Verfassung verankern – wofür eine Zweidrittelmehrheit in der Bürgerschaft benötigt wird (Drucksachen-Nummer 21/19680). Zur Debatte steht auch die Fortschreibung des Hamburger Klimaplans (Drucksachen-Nummer 21/19831). Laut Senatsantrag soll der Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) in den folgenden Jahren verringert werden: Bis 2030 soll in Hamburg 55 Prozent weniger CO2 in die Atmosphäre abgegeben werden als noch 1990; bis 2050 soll die Stadt schließlich klimaneutral sein. Dafür sind rund 400 Maßnahmen vorgesehen: unter anderem eine Pflicht zur Installation von Solaranlagen bei Neubauten ab 2023 und ein verpflichtender Anteil erneuerbarer Energien bei einem Tausch von Heizungsanlagen ab Mitte 2021; Öffentliche Gebäude sollen energieeffizient errichtet und saniert werden; der öffentliche Fuhrpark soll bis 2030 klimaneutral sein.

 

Die CDU-Fraktion möchte die Linienschifffahrt auf der Außen- und Binnenalster wiederbeleben. Die Stadt schöpfe ihr Potenzial bei der öffentlichen Personenbeförderung auf dem Wasser nicht aus, heißt es in dem Antrag (Drucksachen-Nummer 21/19727). „Dies stößt bei den Menschen umso mehr auf Unverständnis, als dass der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) seine Kapazitätsgrenzen in vielen Bereichen längst überschritten hat.“ Eine Verbindung auf dem Wasser könnte das ÖPNV-Angebot für die einwohnerstarken Gebiete an der Außenalster rund um den Mühlenkamp und den Hofweg gezielt ergänzen und unmittelbar verbessern. Die Union schlägt vor, eine Teststrecke zwischen Mühlenkamp und Jungfernstieg einzurichten. Das Pilotprojekt solle zwei Jahre dauern.

 

Die Bürgerschaft befasst sich mit dem Thema Obdachlosigkeit, das die GRÜNE Fraktion angemeldet hat. Die Situation von Wohnungslosen soll mit einem Bündel von Maßnahmen verbessert werden, die Rot-Grün in drei Anträgen formuliert hat. So geht es um die Verdoppelung der Hilfsangebote für Betroffene, die bei der Anmietung von eigenem Wohnraums gleich mehrere Vermittlungshemmnisse (etwa Sprache oder psychische und gesundheitliche Erkrankungen) mitbringen (Drucksachen-Nummer 21/19723). Die Zahl der arbeitssuchenden Menschen aus dem EU-Ausland, die in Hamburg wohnungslos sind, steigt. Deshalb soll für diese Gruppe ein Unterbringungskonzept geschaffen werden (Drucksachen-Nummer 21/19710). Und schließlich ist für psychisch erkrankte Wohnungs- und Obdachlosen die Möglichkeit einer Einzelunterbringung vorgesehen (Drucksachen-Nummer 21/19709).



Alle weiteren Themen der Bürgerschaftssitzung finden Sie in der Tagesordnung. Sie können die Sitzung ab 13.30 Uhr im Live-Stream verfolgen. Alle Debattenbeiträge finden Sie am Folgetag zum Anschauen und Herunterladen in unserer Mediathek.


Karten für den Besuch einer Bürgerschaftssitzung können Sie über unser Bestellformular online buchen oder beim Besucherdienst telefonisch unter der Nummer 040 428 31-2409 sowie per E-Mail unter kontakt@bk.hamburg.de bestellen.