Grußwort der Vizepräsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, Christiane Schneider beim Iftar-Empfang - auf Einladung des Bündnisses der Islamischen Gemeinden in Norddeutschland

Es gilt das gesprochene Wort!


Sehr geehrter Herr Karaoglu,
sehr geehrter Herr Generalkonsul Ak,
ich begrüße die Vertreterinnen und Vertreter der Religionsgemeinschaften, 
des Deutschen Bundestags,
der Hamburgischen Bürgerschaft
und der Senatskanzlei.
Sehr geehrter Herr Professor Schiffauer,
sehr geehrte Damen und Herren.


Es ist mir eine große Ehre, als Vertreterin der Hamburgischen Bürgerschaft am Iftar-Mahl teilzunehmen, mit Ihnen gemeinsam zu feiern und nach Einbruch der Dunkelheit das Mahl mit Ihnen einzunehmen. 


Ich freue mich, dass wir hier gemeinsam eine Tradition des muslimischen Glaubens pflegen, trotz unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlicher kultureller Prägung und manchmal auch unterschiedlicher Werte.


Schaut man genauer hin, sind manche Unterschiede dann doch nicht so groß, wie man zunächst denkt: 

Gerne beschreibt man beispielsweise Disziplin als urdeutsche Tugend. Mir ist, ehrlich gesagt, nicht klar, weshalb noch niemand Disziplin als ur-muslimische Tugend bezeichnet hat. Sie, meine Damen und Herren, fasten 30 Tage lang tagsüber, gehen gleichzeitig Ihren täglichen Beschäftigungen nach: Arbeiten, studieren, erziehen Kinder und treiben sogar Sport! Diese Leistung verdient meinen höchsten Respekt.


Doch im Ramadan geht es ausdrücklich um viel mehr als um die Einschränkung von Essen und Trinken. Es geht auch darum, unsere alltäglichen Handlungen und Gedanken zu reflektieren. Und es geht um innere Einkehr durch Fasten, meine Damen und Herren. Letzteres ist eine Gemeinsamkeit aller großen Religionen. Dabei sind gerade Werte wie Gemeinschaft, Freunde und Familie sehr wichtig.


Verehrte Gäste,
der muslimische Glaube gehört zu Hamburg; ebenso wie der christliche, der jüdische und alle anderen Glaubensgemeinschaften. Wir in Hamburg sind stolz auf den Titel „Tor zur Welt“. Doch wir wissen, dass das keine Einbahnstraße ist. Menschen aus über 180 Nationen leben in dieser wunderbaren Stadt. Über eine halbe Million Hamburgerinnen und Hamburger verfügen über einen Migrationshintergrund. Das sind rund ein Drittel, die ihre Wurzeln in einem anderen Land haben. Ihnen allen möchte Hamburg eine Heimat sein. 


Die Hamburger Politik bemüht sich, diesem Anspruch durch eine Vielzahl von Maßnahmen gerecht zu werden. Einigkeit herrscht, dass Bildung und Arbeit die beiden wichtigsten Schlüssel zur Integration sind. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die politische Teilhabe. 


Deshalb hat die Hansestadt 2011 die Einbürgerungsinitiative gestartet. Durch diese Maßnahme haben im vergangenen Jahr 5.819 Menschen die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Hamburgs Erster Bürgermeister heißt die Neubürgerinnen und Neubürger regelmäßig im prachtvollen Großen Festsaal des Rathauses bei einem Empfang willkommen. Diese Geste der Wertschätzung zeigt, dass die Stadt jeden einzelnen Bürger, jede einzelne Bürgerin braucht und wiederum für sie da ist, egal woher sie kommen.


Zu Recht gilt Hamburg als Weltstadt. Wir pflegen eine offene und freiheitliche Stadtkultur. Das ist gute hanseatische Tradition. Gleichberechtigung und gegenseitige Akzeptanz sind die Grundlage für unser friedliches Miteinander. Dazu gehören die freie Religionswahl und freie Religionsausübung für alle Menschen.


Das gemeinsame Zusammenleben trotz aller Unterschiede ist für uns ein sehr hohes Gut. Aus unserer Vergangenheit wissen wir, wo es hinführt, wenn auf Ausgrenzung anstatt auf Gemeinsamkeit gesetzt wird. Jede Generation muss diese Werte der Toleranz und der Vielfalt für sich neu entdecken und pflegen. Es kann aber nur funktionieren, wenn wir dies gemeinsam, miteinander, tun.


Das Iftar-Mahl wird oft mit dem Verzehr einer Dattel begonnen. Die Dattelpalme, meine Damen und Herren, ist eine faszinierende Pflanze. Je heißer das Klima, desto mehr wächst sie in den Himmel – bis zu einem halben Meter pro Jahr. Die Dattelpalme verbindet quasi Himmel und Erde, sie wird Lebensbaum der Wüste genannt. Die Palme streckt ihre Wurzeln im Lauf vieler Jahre bis zu 30 Meter in die Tiefe, sodass sie das Grundwasser erreichen kann. Die Dattelanbauer sagen über sie, sie sei ein geduldiger Baum. Tatsächlich steht die Dattelpalme für Geduld und Ausdauer – und genau das ist es, was wir für die Entwicklung unseres gemeinsamen, guten Zusammenlebens brauchen.


Integration ist eben kein fertig organisierter Geschäftsvorgang, sondern ein Prozess, der über viele Jahre und Jahrzehnte wächst und sich dabei permanent den gesellschaftlichen Veränderungen anpassen muss.


Hamburg sagt „Ja“ zu unserer multiethnischen Gesellschaft und ein klares „Nein“ zu Intoleranz, Ausländerfeindlichkeit und Rassismus. Hamburg versteht kulturelle Vielfalt als kulturellen Reichtum und als Chance für die Zukunft. 


Sie alle, meine Damen und Herren, tragen dazu bei, dass wir in Hamburg, ob mit oder ohne Migrationshintergrund, meistens gut miteinander auskommen. Diesen Weg wollen wir unbeirrt fortsetzen.


Dieser Weg ist in den heutigen Zeiten  aufgrund von Krisen und  Kriegen im Nahen Osten und anderen Teilen der Welt nicht immer leicht. Doch gerade in Zeiten wie diesen ist es wichtig, am Hamburger Weg der Integration festzuhalten. In unserer weltoffenen Heimatstadt wollen wir Brücken zwischen den Kulturen bauen und den sozialen Zusammenhalt stärken.


Im Fastenmonat Ramadan geht es nicht zuletzt um den inneren Frieden. Den Frieden eines jeden Einzelnen. Es geht aber auch darum, dass der innere Friede nach außen strahlt. In diesem Sinne wünsche ich uns allen ein friedvolles Miteinander und einen gesegneten Ramadan.


Vielen Dank!

Datum: 08. Juni 2017 um 19.00 Uhr
Ort: Golden Event Center, Von-Bargen-Straße 23, 22041 Hamburg