Ansprache der Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, Carola Veit, anlässlich der Ausstellungseröffnung „Fußball im Nationalsozialismus“

Es gilt das gesprochene Wort!

 

Sehr geehrter Herr Wächter,

liebe Frau Wurbs,

lieber Herr Diercks.

Ich begrüße die Doyenne, die Vertreterinnen und Vertreter der Religionsgemeinschaften sowie die Mitglieder von Bürgerschaft und Senat!

Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Im Namen der Hamburgischen Bürgerschaft fühle ich mich sehr geehrt, Sie zu unserer Ausstellungseröffnung begrüßen zu dürfen. Seien Sie herzlich willkommen!

 

In den vergangenen Jahren haben wir uns gemeinsam mit der KZ-Gedenkstätte Neuengamme mit sehr unterschiedlichen NS-Themen beschäftigt. Dazu zählte zum Beispiel

 

·       die Rolle der Hamburger Wehrmachtsjustiz, die Deserteure zum Tode verurteilt hatte;

 

·       die Beteiligung unserer Polizeikräfte bei Deportationen nach Osteuropa

 

·       oder die grausamen Euthanasie-Morde an Kindern und Erwachsenen.

 

Viele dieser Ereignisse und Biografien von Tätern und Opfern sind in unseren Ausstellungen erstmals beleuchtet worden. Sie haben damit einen wichtigen Beitrag geleistet, die Rolle unserer Heimatstadt in der NS-Zeit besser und wahrhaftig zu erkennen.

 

Diesen Weg, das kann ich Ihnen versichern, wird die Hamburgische Bürgerschaft auch zukünftig beschreiten.

 

Mit dem Hamburger Sport rückt nun eine ganz andere, weitere Fassette der NS-Zeit in den Vordergrund,

an der sich beispielhaft ein Aspekt zeigen lässt:

wie sehr die Nationalsozialisten den Lebensalltag der Menschen für ihre Zwecke missbrauchten.

 

So, wie in allen Bereichen der Gesellschaft, hatte sich damals auch im Vereinssport ein perfides System etabliert, bei dem Menschen jüdischen Glaubens erst ausgegrenzt und dann ausgeschlossen wurden.

 

Betroffen waren zum Beispiel Fußballer wie der HSV-Spieler Walter Wächter, der nur mit viel Glück überlebte und ins Exil nach Schweden floh. Über sein Schicksal wird uns nachher sein Sohn berichten. Lieber Herr Wächter, vielen Dank, dass Sie heute bei uns sind.

 

Neben den Aktiven zählten aber auch zahlreiche Funktionäre zu den Opfern. Menschen wie etwa Daniel Dublon, der zweitweise die Fußballabteilung der jüdischen Hamburger Sportgruppe „Schild“ geleitet hatte. Er wurde 1942 mit seiner Familie nach Theresienstadt deportiert. Seine Schwester und seine Tochter wurden dort ermordet, er selbst überlebte das Konzentrationslager.

 

Meine Damen und Herren,

 

allein beim Eimsbütteler Turnverband geht man davon aus, dass dort ab Mitte der 1930er-Jahre kein jüdischer Sportfunktionär und kein jüdisches Mitglied mehr aktiv war. Ähnlich sah es bei Vereinen wie dem SC Victoria oder auch dem HSV aus.

 

Zeitweise versuchten die ausgeschlossenen Sportlerinnen und Sportler, bei noch bestehenden jüdischen Vereinen unterzukommen. Oder sie traten Neugründungen wie dem Jüdischen Sportclub Blau-Weiß Hamburg bei. Doch spätestens mit dem Novemberpogrom im Jahre 1938 wurden diese Vereinigungen zwangsweise aufgelöst und die Vermögen vom Staat eingezogen.

 

Die Nationalsozialisten konnten mit Hilfe der sogenannten „Gleichschaltung“ auch im Sportbereich ihr Teilziel erreichen: die Vereine passten sich – wie alle staatlichen und weiteren gesellschaftlichen Institutionen – an die politisch-ideologischen Ziele der NSDAP an.

 

Mit der bösartigen Folge, dass jüdische Menschen ihrer Persönlichkeit, ihrer Religion und letztlich ihrem Recht auf Leben beraubt wurden.

 

Meine Damen und Herren,

 

dass der Fußballsport in unserer Heimatstadt für rechte Parolen missbraucht wird, ist – leider – ein modernes Phänomen geblieben. Bis in die 1990er-Jahre hinein konnte man das beispielsweise im Volksparkstadion sehr genau beobachten. Auch davon handelt ein Teil der Ausstellung.

 

Es ist – glücklicherweise – einer Vielzahl von mutigen Fußballfans zu verdanken, die sich in dieser Zeit ein Herz nahmen und mit Hilfe von Initiativen das Bewusstsein für eine gewaltfreie Gesellschaft im Sport schärften.

 

Aktionen wie in der Imtech-Arena „Wir alle sind HSV – kein Platz für Diskriminierung“ ist ein Beispiel dafür.

 

Oder auch der fest installierte Schriftzug „Kein Fußball den Faschisten“ im Millerntor-Stadion, mit dem klar gemacht wird, dass Antirassismus im Großen wie im Kleinen gelebt wird.

 

Welche Verantwortung den Fußballklubs und ihren Fans im Umgang mit Gewalt und Diskriminierung auch heute noch zufällt, meine Damen und Herren, darüber wird uns gleich Frau Wurbs berichten. Sie vertritt als Geschäftsführerin die „Football Supporters Europe“. Dieses Netzwerk von Fußballfans in Europa setzt sich für ein menschliches Miteinander ein, nach dem Motto: „Fair Play“ findet nicht nur auf dem Rasen statt, sondern auch auf den Zuschauerrängen.

 

Liebe Frau Wurbs, danke, dass Sie heute bei uns sind!

 

Im Namen der Hamburgischen Bürgerschaft danke ich der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und Ihnen persönlich, lieber Herr Diercks. Als Kurator dieser Ausstellung haben Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen einen wichtigen Beitrag geleistet, um eine weitere Lücke in der Aufarbeitung unserer Hamburger NS-Vergangenheit zu schließen.

 

Verehrte Gäste,

 

ich lade Sie ganz herzlich ein: schauen Sie sich unsere Ausstellung an und empfehlen Sie sie – hoffentlich – weiter, damit möglichst viele Hamburgerinnen und Hamburger Ihrem Beispiel folgen werden.

Herzlichen Dank!


Ort: Rathaus, Kaisersaal