Grußwort der Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, Carola Veit, zum Empfang anlässlich des 62. Jahrestages der Gründung der Volksrepublik China

Reden des Präsidiums

27.09.2011

Grußwort der Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, Carola Veit, zum Empfang anlässlich des 62. Jahrestages der Gründung der Volksrepublik China

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Generalkonsulin!
sehr geehrter Herr Doyen,
sehr geehrter Herr Staatsrat Schmidt,
liebe Kolleginnen und Kollegen der Hamburgischen Bürgerschaft,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

im Namen unseres Landesparlaments überbringe ich Ihnen die besten Wünsche zum 62. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,
wissen Sie alle, was „plietsch“ heißt?

Die 18-jährige Thu-My Ly, die zu Hause mit ihren Eltern einen südchinesischen Dialekt spricht, kennt die Lösung. Denn die junge Dame ist die Siegerin eines Hamburger Plattdeutsch-Wettbewerbs, wie wir letzte Woche im Abendblatt lesen konnten.

Sie spricht unseren urhanseatischen Dialekt, von dem die meisten Hamburger keine Ahnung mehr haben.

„Plietsch“ heißt übrigens klug. Und „plietsch“ in diesem Sinne ist offensichtlich auch der chinesische Premierminister Wen Jiabao, der beim Weltwirtschaftsforum im chinesischen Dalian erklärte, China „strecke eine helfende Hand aus“ und sein Land sei bereit, mehr Kapital in den von der Schuldenkrise geplagten Staaten zu investieren.

Das lasen wir übrigens in derselben Ausgabe des Hamburger Abendblatts, auf einer Sonderseite, die „Milliardenhilfe süßsauer“ hieß.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sie werden sich vielleicht fragen, was hat das eine mit dem anderen zu tun?

Ich denke sehr viel, wenn wir einen speziellen Blick auf die Beziehungen zwischen Hamburg und China werfen, die durch das 25jährige Jubiläum unserer Städtepartnerschaft mit Shanghai gerade besonders im Fokus stehen.

Wen Jiabao und Thu-My Ly haben nicht nur gemeinsam, dass sie „plietsch“ sind. Sie verkörpern genau das, was Hamburger und Chinesen verbindet, und zwar nicht erst seit 25 Jahren.

„Han Bao“, die Burg der Chinesen, in der heute mehr als 10 000 Menschen chinesischer Abstammung leben, steht auf einem soliden Fundament.

Das 1909 in Hamburg gegründete Seminar für Sprache und Kultur Chinas gilt als Wiege der Sinologie in Deutschland.

Mit dem Ostasiatischen Verein (OAV) betrieben Hamburger Unternehmer schon vor mehr als 111 Jahren das erste „networking“ - als der Begriff in Deutschland noch unbekannt war.

Diese Jahrzehnte alte Verbindung existiert deshalb bis heute, weil Hamburger und Chinesen bei näherer Betrachtung doch sehr Vieles gemeinsam haben.

Hamburger wie Chinesen sind sich mit einem gewissen inneren Stolz ihrer Traditionen bewusst, haben aber gleichzeitig die Herausforderungen der Moderne zielsicher im Blick.

Und Sie lieben auch ihre alten Dialekte, so wie die junge Plattdeutsch-Meisterin ihn pflegt.

Hamburger wie Chinesen haben zudem einen ausgeprägten Geschäftssinn. Den hanseatischen  Kaufmannsgeist schreckt der Vorstoß von Premierminister Wen Jiabao vermutlich weniger als manche deutsche Skeptiker.

Ganz im Gegenteil: Die chinesische Forderung, Handelsschwierigkeiten zu erleichtern, dürfte hanseatischen Kaufleuten aus eigener Erfahrung eher vertraut sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren: Es ist kein Zufall, dass Hamburg heute das China Zentrum in Europa ist.

Hamburger Kaufleute gründeten 1845 als erste europäische Firmen eigene Niederlassungen in China.

Heute pflegen 900 Hamburger Firmen intensive Wirtschaftsbeziehungen mit China.

Nahezu alle größeren Hamburger Unternehmen haben Niederlassungen oder Beteiligungen in China – von Jungheinrich über Beiersdorf bis hin zu Gruner+Jahr oder Airbus.

Umgekehrt sind mehr als 400 chinesische Firmen in Hamburg vertreten, viele davon mit ihren Europazentralen (wie zum Beispiel  Sinosteel, Cosco, China Shipping, Baosteel oder Sinotrans).

China ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner des Hamburger Hafens, so wie umgekehrt die EU der wichtigste Außenhandelspartner der Volksrepublik China ist.

Mit dem „Hamburg Summit“, der sich zur bedeutendsten chinesisch-europäischen Wirtschaftskonferenz entwickelt hat, unterstreicht die Handelskammer Hamburg die herausragende China-Kompetenz der Hansestadt, die die verschiedenen Akteure über  Jahrzehnte aufgebaut haben.

Die enge, gewachsene Verbindung und die Städtepartnerschaft gründen sich nicht allein auf die wirtschaftlichen Beziehungen. Politik und Justiz, Kunst und Kultur, Bildung und Wissenschaft, Vereine und Verbände, Alumni-Netzwerke und private Initiativen präsentieren alle zwei Jahre bei der „China-Time“ ein breites Spektrum der partnerschaftlichen Beziehungen.

All dies bietet eine solide Grundlage für eine gute Freundschaft, in der man dann auch einen offenen Dialog pflegen kann, wenn man zum Beispiel in Rechtsfragen oder politischen Debatten manchmal unterschiedliche Auffassungen hat.

Diese gleichberechtigte Partnerschaft bietet nicht zuletzt deshalb vielversprechende Perspektiven für die Entwicklung unserer beiden Länder, die weit in die Zukunft reichen.

Sei es im Tourismus oder im Umwelt- und Klimaschutz, beim ökologischen Bauen oder bei erneuerbaren Energien:  Mit dem Hamburg-Haus auf der Expo in Shanghai hat die Freie und Hansestadt Hamburg gezeigt, welches Know-how sie in diesen zukunftsträchtigen Bereichen zu bieten hat.

Oder:  - um bei Thu-My Ly zu bleiben - wie „plietsch“ sich Hamburger und Chinesen ergänzen können, wenn es darum geht, nicht nur traditionelle Verbindungen zu pflegen, sondern auch die Zukunftsprobleme beider Länder mit vereinten Kräften zu lösen.

Ich bin mir sicher, dass uns dies hervorragend gelingen wird und bedanke mich, sehr geehrte Frau Chen, bei Ihnen für die vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, danke ich für Ihre Aufmerksamkeit!

Zeitpunkt: 18:00 Uhr

Ort: Hotel Le Royal Meridien