Festrede der Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft Carola Veit zum Geburtstag von Ehrenbürgerin Dr. Kirsten Boie

Es gilt das gesprochene Wort!


Hochverehrte Frau Dr. Kirsten Boie! Lieber Herr Bürgermeister, liebe Familie, Freundinnen und Freunde der Jubilarin, liebe Anwesende,


„Ehrenbürgerin zu sein ist nicht nur eine Auszeichnung, sondern vor allem eine Verpflichtung“ – das sagten Sie, liebe Kirsten Boie, als Ihnen 2019 die Ehrenbürgerwürde verliehen wurde.


Und ich kann sagen, dass Sie dieser Verpflichtung sind Sie seither mehr als nachgekommen sind.

Es macht mich froh, dass eine so beeindruckende Frau eine Ehrenbürgerin dieser Stadt ist. Vor Ihrem literarischen Werk, aber noch mehr vor Ihrem Engagement für Kinder habe ich großen Respekt.


Ihre Bücher finden sich in Kinderzimmern, Bibliotheken, Bücherhallen und Mediatheken. Und in unserem Auto, z.B. die Möwenweg-Kinder haben uns auf mancher Urlaubsfahrt begleitet.


Mit Ihren Geschichten ließen Sie in den Köpfen meiner Kinder spannende Überlegungen und großartige oder auch nachdenkliche Bilder entstehen.


Die Abenteuer Ihrer unterschiedlichen Held:innen inspirieren junge Menschen, denn Sie beschreiben ihre Welt immer ehrlich – mit ihren dunklen Höhlen und ihren fabelhaften Farben, mit Hoffnungsvögeln und schrecklichen Taten.


In ihr gibt es kluge Jungen, die schweigen können, Mädchen, die gern kicken und Königinnen, die für alle Kuchen backen.


Sie brauchen keine albernen Übertreibungen und keine großen Luftschlösser. Ihr Publikum schätzt diese Aufrichtigkeit ohne erhobenen Zeigefinger. Wenn sie Ihnen zuhören oder Ihre Zeilen lesen, wissen die jungen Leser:innen, dass sie Ihren Worten vertrauen können.


Auch in Ihrer eigenen Geschichte gibt es nicht nur schöne Feste, rote Teppichte und jubelnde Fans.


Da gab es den zweifelnden Berufsberater beim Arbeitsamt, der Sie darauf hinwies, Forschung sei nichts für Frauen,

da waren die anstrengenden Momente in der Gesamtschule Mümmelmannsberg, die Sie als Lehrerin an schweren Tagen an Ihre Grenzen brachten. Der Mitarbeiter aus dem Jugendamt, der sich nicht vorstellen kann, wie Sie gleichzeitig arbeiten und ihr Kind erziehen wollen.


Sie haben sich nicht von Ihrem Weg abbringen lassen.

Doch was Sie als Heldin in ihrer eigenen Geschichte prägte war sicherlich der Mut zu entscheiden, gezielt Jugendliche aus bildungsfernen Schichten zu erreichen, Ihnen Bücher und Lernen schmackhaft zu machen.


So wie Sie einst Bücher und Geschichten – durch alle Genres hinweg verschlangen, wollten Sie auch ihre Schüler:innen für Literatur begeistern. Das war kein Kinderspiel, aber es wurde Ihre Aufgabe.


Nach dem Sie Bücher nicht mehr unterrichten konnten, begannen Sie Bücher zu schreiben.

In jeder Hinsicht ein Glücksgriff, für alle Beteiligten, die Kinder, unsere Stadt und hoffentlich auch immer noch für Sie selbst!


Sie haben inzwischen mehr als 100 Bücher veröffentlicht. Ein ganz besonderer Beitrag ist „Heul doch nicht, du lebst ja noch“, geschrieben, um Jugendliche über die Nazizeit aufzuklären. Ein kultureller Beitrag von unermesslichem Wert, liebe Kirsten Boie. Es bleibt zu hoffen: Wer dieses Buch liest, möge gegen rechtes Gedankengut immun sein.


Liebe Kirsten Boie, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Auf viele weitere gesunde und glückliche, inspirierende und engagierte Jahre.


Wir freuen uns auf alles, was wir in Zukunft noch von Ihnen erwarten dürfen. Und ich schätze, das dürfte eine ganze Menge sein. Danke.


Datum: Mittwoch, 5. April 2023, 12 Uhr
Ort: Gästehaus des Senats