Gedenkworte der Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft Carola Veit anlässlich des tragischen Todes mehrerer Personen im Regionalzug nach Hamburg

Es gilt das gesprochene Wort!


Sehr geehrte Damen und Herren,

in unserem Nachbarland hat sich eine unfassbare Bluttat ereignet, die hier bei uns auch gleich Thema der aktuellen Stunde sein wird. Erlauben Sie mir dazu eine Vorbemerkung.


Immer wieder müssen wir betroffen zur Kenntnis nehmen, dass Kriminelle oder Kranke auf eine ganz unfassbare Weise Gewalt ausüben.


Unsere Betroffenheit ist umso größer, wenn solche Bluttaten vor unserer Haustür stattfinden. Sie kommen unerwartet und treffen uns aus heiterem Himmel. Meistens sind sie ungeplant, die Täter befinden sich in psychischen Ausnahmesituationen. Es gibt schwer verletzte oder gar tote Opfer, und Hinterbliebene, für die eine Welt zusammenbricht.


Meine Damen und Herren,

wir trauern um zwei junge Menschen, die im Regionalzug auf dem Weg nach Hamburg getötet wurden.


Unser tiefes Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen, denen ich in unser aller Namen mein herzliches Beileid ausspreche.


Den fünf Menschen, denen ebenfalls gefährliche Verletzungen angetan wurden, wünsche ich im Namen unseres Hauses eine baldige Genesung.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

das schreckliche Ereignis von Brokstedt ist ein Hamburger Thema, weil es bis vor kurzem eine Hamburger Zuständigkeit für den Täter gab. Das Entsetzen ist in die Alltagsnormalität von Berufspendler:innen und Schülerinnen und Schülern eingebrochen.


Viele fragen jetzt: Hätte dies nicht verhindert werden können?


Natürlich ist es legitim, nach den Ursachen zu fragen.


Wenn es Fehler gibt, die abzustellen sind, wenn es Möglichkeiten gibt, Verfahren und Vorabeinschätzungen zu verbessern, dann müssen diese benannt und ergriffen werden.

Es ist die berechtigte Anforderung an Politik und Parlament, das emotionale Entsetzen zu übersetzen in Erkenntnis und Konsequenzen und zu klären, ob es mit den Mitteln des Rechtsstaates einen Weg gegeben hätte, diese Tat zu vermeiden.


Dazu gehört auch, Verantwortung zu benennen und gegebenenfalls zu übernehmen; der richtige Ort dafür ist der Justizausschuss, der morgen ausführlich über die Vorgänge diskutieren wird.

Dazu gehört aber nicht hier und heute die Vorverurteilung von all den Menschen, die sich im Vollzug und an anderer Stelle ganz offensichtlich um die Versorgung des Täters gekümmert haben.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir helfen in der Sache nicht, wenn wir auf dem Rücken der Opfer Schuldzuweisungen und Verteidigungsreden halten.

Erweisen Sie den Opfern und den Hinterbliebenen Respekt. Und das gilt auch und vor allem in der Aktuellen Stunde.


Vielen Dank!


Datum: Mittwoch, 1. Februar 2023, 13.30 Uhr
Ort: 
Rathaus, Plenarsaal