Festrede der Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft Carola Veit beim Jahresempfang der Bundeswehr Hamburg aus Anlass des 50-jährigen Bestehens der Bundeswehruniversität in Hamburg/Helmut-Schmidt-Universität

Es gilt das gesprochene Wort!


Sehr geehrter Herr Professor Beckmann,

sehr geehrter Oberleutnant,

liebe Soldatinnen und Soldaten, liebe Studierende,

sehr geehrte Damen und Herren,


ich freue mich sehr über diese Einladung. Im Namen der Hamburgischen Bürgerschaft überbringe ich Ihnen gern die besten Grüße und wünsche Ihnen Glück, Gesundheit, Erfolg und Zufriedenheit für das Jahr 2023.


Stellvertretend für unser Parlament darf ich Ihnen zudem herzliche Glückwünsche zum 50-jährigen Bestehen der Bundeswehruniversität in Hamburg überbringen.

Damals, um 1970, setzten mit dem Regierungswechsel in Bonn viele Veränderungen ein. An die Stelle des Obrigkeitsstaates trat Willy Brandts „Mehr Demokratie wagen“ und aus dem Militärwesen sollte eine Bundeswehr der „Staatsbürger in Uniform“ werden.


Die Bundeswehr als „Schule der Nation“, in der junge Männer Zucht, Ordnung und vor allem Anpassung lernen sollten, wurde neu gedacht: „Die Schule der Nation ist die Schule“ – auch das stellte Willy Brandt klar.


Das war kein einfacher Paradigmenwechsel, das war mit Sicherheit eine Herkulesaufgabe für alle Beteiligten.

Zuständig wurde Helmut Schmidt, damals Verteidigungsminister, später unser erster Hamburger Bundeskanzler und Ehrenbürger dieser Stadt.


Vorher war er übrigens Hamburger Polizeisenator, also heute ein Länder-Innenminister, und das weckt sicher bei einigen unter Ihnen Hoffnungen für die nähere Zukunft der Bundeswehr.

„Schick‘ dein Kind länger auf bessere Schulen“ war eine der Forderungen der - damals neuen - Bonner Regierung, und Helmut Schmidt stand voll dahinter.


So, wie überall in der Wirtschaft akademische Qualifikationen zur Voraussetzung für Führungskräfte wurden, sollte es auch bei der Bundeswehr sein, davon war Schmidt überzeugt, und er setzte das auch – wie üblich - gegen viele Widerstände durch.


Dass es dann gleich zwei Hochschulen wurden, eine in Hamburg, eine in München, lässt sich wahrscheinlich damit erklären, dass Schmidt eben ein gewiefter Politiker war – der Widerstand des – ziemlich wortgewaltigen, bayerischen Landesfürsten – jedenfalls fiel danach deutlich verhaltener aus.


Erbitterten Widerstand gegen eine akademische Bildung der Offiziere gab es dann noch ausgerechnet aus den Reihen der Bundeswehr selbst.


An einer Hochschule studieren, statt zu exerzieren, am Sandkasten zu üben und ins Manöver zu ziehen – das, so fürchteten manche, werde zur Verweichlichung des Offizierskorps führen.


Dass dies nicht eintraf, wissen wir alle, und von Verweichlichung kann keine Rede sein. Studierende der Universität der Bundeswehr haben ganze vier Jahre Zeit bis zum Abschluss mit dem Master-Examen – das erfordert eine große Disziplin und ist eher das Gegenteil von Verweichlichung, das ist eine enorme Leistung, und auch dazu kann man nur gratulieren.


Jetzt sind es also 50 Jahre,

meine Herren,


– Damen waren ja damals noch nicht in der Bundeswehr; damals wurde mit 300 Offiziersanwärtern und Offizieren begonnen; und dass die ersten Frauen dann 2001 an die Hochschule kamen, entsprang nicht unbedingt dem Wunsch der Bundeswehrführung, sondern dafür sorgte der EuGH, nachdem alle Positionen und Laufbahnen grundsätzlich auch Frauen offenstehen sollten – und wenn ich mich umsehe, ist da nach wie vor noch Luft nach oben…. –


die Universität hat viele Reformen und Transformationen miterlebt, und ist zur größten Dienststelle der Bundeswehr in unserer Stadt geworden,

meine Damen und Herrn, und darauf können Sie zu Recht stolz sein!


Die Helmut-Schmidt-Universität hat darüber hinaus mit ihrer erfolgreichen Lehr- und Forschungstätigkeit und 2.500 Studierenden einen festen Platz im Wissenschaftsstandort Hamburg, zwischen allen staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen der Stadt. Sie richtet sich nach dem hamburgischen Landesrecht, somit sind Forschung und Lehre frei.


Heute erlebt die Universität die Digitalisierung mit all ihren Facetten, bringt sich angesichts der Zeitenwende in Stellung, um historisch-wissenschaftliche Analysen zur aktuellen Lage in Europa zu liefern und ist wichtige Impulsgeberin für die Bundeswehr.


Lieber Professor Beckmann, liebe Studierenden der Universität, lieber Lehrstuhl,

Hamburg als Lernort soll auch Ihnen und den folgenden Generationen die nötige Bodenhaftung geben, damit Ihre Forschung und Lehre glänzen können – auch über unsere Stadtgrenzen hinaus

…so wie ihr Namensgeber Helmuth Schmidt es zu seinen Lebzeiten vorgemacht hat.


Meine Damen und Herren,

neben der Universität wirken auch die übrigen Dienststellen, wie das Bundeswehrkrankenhaus, die Führungsakademie und die Bundeswehrfachschule mit erstklassigen Leistungen und moderner Ausstattung dafür, dass sich unsere Gesellschaft weiterentwickeln kann. Auch das ist ein wichtiger Beitrag zum Gemeinwohl unserer Stadt für das wir Ihnen sehr dankbar sind.


Die Hamburger:innen und Hamburger verlassen sich auf die Bundeswehr als vertrauenswürdige Partnerin – in vielerlei Hinsicht:

In der Corona-Pandemie haben die Soldat:innen in Hamburg eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung der Pandemie eingenommen, Verbindungsoffiziere halfen strategisch im Corona-Stab, Soldatinnen und Soldaten kamen kurzfristig in Pflege- und Altenheimen zum Einsatz und halfen spontan in den Gesundheitsämtern bei der Kontaktnachverfolgung. Ganz ehrlich: Ich weiß nicht wo wir ohne diese Hilfe gestanden hätten, deswegen ganz herzlichen Dank dafür!


Als die Pandemie mit gewöhnlichen Mitteln nur noch schwer zu bewältigen war, war die Bundeswehr sofort zur Stelle: schnell und effizient.


Dafür sind die Hamburger:innen Ihnen sehr dankbar.

Nur drei Tage nachdem Ihre groß angelegte Amtshilfe im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie endete, erforderte der schreckliche Angriff Russlands auf die Ukraine eine erneute Alarmbereitschaft.


Das Bundeswehrkrankenhaus versorgt hier in Hamburg verwundete Ukrainer, die Universität führt wissenschaftliche Diskussionen und Gespräche und das Kriegsgeschehen wird an der Führungsakademie analysiert.


Meine Damen und Herren,

das ist gut wichtig und nützlich, denn militärische Unterstützung allein wird diesen Krieg nicht beenden können.


Wir müssen uns bewusst sein, dass die verstärkte Präsenz der NATO im Osten und die viel diskutierten Waffenlieferungen auch immer weitere Opfer fordern.


Die Ukraine und Europa dürfen sich nicht der Hoffnung hingeben, dass eine rein militärische Lösung Putin als Aggressor irgendwann aufhalten wird.


Jeden Tag sterben Menschen. Jeden Tag sterben Soldaten und Zivilist:innen im Kriegsgebiet.

Wir müssen an verschiedenen Lösungen arbeiten, so gut wir können und ohne nachzulassen. Der Austausch mit unseren Nachbarländern und mit unseren demokratischen Partnern muss jetzt höchste Priorität haben.


Mit Nachdruck müssen wir unsere Bestrebungen für diplomatische Gespräche fortführen. Hier geht es um die Verteidigung unserer Werte:

Menschlichkeit, Freiheit und Demokratie!


Man kann es nicht oft genug betonen:

Wir sind weißgott mit unseren Vorstellungen von Rechtsstaatlichkeit, Grundrechten und einem funktionierenden Sozialstaat weltweit keineswegs in der Mehrheit. Die Anzahl der echten Demokratien auf diesem Globus bewegt sich um die 30 – Tendenz rückläufig.

 

Es wird nicht anders gehen, als dass wir uns auf eine Zukunft gefasst machen, die durch komplexe Konflikte zwischen Russland und den USA bestimmt sind, und hoffentlich werden das die entscheidenden Antagonisten sein und nicht ganz andere.


Meine Damen und Herren,

bei der Suche nach Lösungen und Strategien vertrauen wir auch auf die Bundeswehr, sie hat in den vergangenen Monaten bereits großartige Unterstützung geleistet.


Im Namen unseres Landesparlaments bin ich sehr dankbar für die Unterstützung der Hamburger Dienststellen, ohne die wir die aktuellen Herausforderungen nicht bewältigen könnten.


Eines wissen wir sicher: Auf die Bundeswehr ist stets Verlass! Und darauf können Sie, verehrte Soldatinnen und Soldaten, sehr stolz sein.


Bei den angesprochenen Herausforderungen wird Sie ab jetzt auch Ihr neuer Dienstherr begleiten, der Sie mit seiner Erfahrung in der Sicherheitspolitik gut durch diese Zeit führen möge.


Liebe Soldatinnen und Soldaten,

im Namen der Hamburgischen Bürgerschaft möchte ich Ihnen herzlich für ihren Einsatz danken.

Allen, die ihren Dienst im Ausland absolvieren, wünsche ich, dass sie im Anschluss gesund und unversehrt nach Hause zurückkehren.


Herzlichen Dank!


Datum: Freitag, 20. Januar 2023, 11.00 Uhr
Ort: 
Helmut-Schmidt-Universität