Grußwort der Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft Carola Veit zur Gedenkveranstaltung aus Anlass des 31. Unabhängigkeitstages der Ukraine

Es gilt das gesprochene Wort!



Sehr geehrte Frau Generalkonsulin,
sehr geehrter Herr Dr. Holtmann,
sehr geehrter Herr Senator Grote, 
sehr geehrte Damen und Herren, 


die Ukraine feiert heute den 31. Jahrestag ihrer Unabhängigkeitserklärung. 
Es war nicht die erste, aber die Hoffnung war groß, dass es die letzte sein würde und die Ukrainerinnen und Ukrainer nach Jahrhunderten des Hin und Her endlich ihre nationale Souveränität erlangen würden. 


Auch im Westen Europas wurden damit viele Hoffnungen verbunden, denn auf die Unabhängigkeitserklärung vom 24. August 1991 folgte wenige Monate später ein Referendum, 
mit dem sich die Bürger:innen der Ukraine mit überwältigender Mehrheit für das wichtigste Gut entschieden, das unser modernes Zusammenleben verbindet: 
Freiheit und Demokratie.


Nationale Feiertage sind üblicherweise Anlass zu stolzen, fröhlichen Feiern. 
2022 ist dies anders. Heute gibt es Ausgangssperren statt fröhliche Feste auf den Straßen. 
Die Feierlichkeiten werden von dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine überschattet, der die Souveränität eines unabhängigen Staates verleugnet und einen eklatanten Bruch mit dem Völkerrecht darstellt. Dieser heimtückische Überfall und alle seine Weiterungen seit 182 schlimmen Tagen, von denen sich die Ukraine an jedem einzelnen Tag verteidigt hat, sind zutiefst zu verachten.


Meine sehr geehrten Damen und Herren, der aktuelle Krieg in der Ukraine führt uns vor Augen: 
unsere Werteordnung und eine freiheitliche Weltordnung sind nicht selbstverständlich. Alle Versuche, Gründe und gewissermaßen Rechtfertigungen für den verbrecherischen Angriffskrieg zu finden, gehen fehl. Bomben und Raketen, die unermessliches Leid für die ukrainische Bevölkerung mit sich bringen, sind durch nichts zu rechtfertigen. 


Aber, auch das ist wohl wichtig: Es muss ein Danach geben. 


Und eine friedliche europäische Ordnung danach kann und wird es nur geben, wenn es gelingt, auch mit den Menschen in Russland wieder zu einem friedlichen Zusammenleben zu finden, indem man im besten Fall irgendwann zurückfindet zu einem respektvollen Umgang miteinander.

 

Es ist noch nicht so lange her, dass Deutschland in der Rolle des Aggressors war, der über seine Nachbarn hergefallen ist, und wir sind alle dankbar, und froh darüber, dass unsere Nachbarn uns heute dennoch wieder mit Respekt und vielfach mit echter Freundschaft begegnen. Es gibt genügend tiefgreifende Probleme in der Welt, wir werden sie nur gemeinsam lösen können.


Sehr geehrte Damen und Herren,

Im Namen der Hamburgischen Bürgerschaft möchte ich den Bürger:innen der Ukraine versichern:
Wir nehmen großen Anteil an der Not der Menschen in Ihrem Land, die Unrecht und großes Leid erfahren. Unser Mitgefühl gilt allen, die Angehörige verloren haben und unter den aktuellen schlimmen Zuständen leiden müssen.


Am heutigen Tag denken wir an alle Ukrainer:innen, die mit Mut und Entschlossenheit für die Erhaltung der eigenständigen Staatlichkeit und der territorialen Integrität der Ukraine kämpfen. Deutschland unterstützt sie dabei, und das ist gut so.


Wir denken in dieser Zeit an die Frauen, Kinder und Männer, die aus ihrer Heimat fliehen und ihr Zuhause zurücklassen mussten. 


An die Menschen, die ihr Land in Trümmern sehen und nicht wissen, wie es weitergeht. An diejenigen, die mit Zerstörung und Tod leben müssen. 


Ich möchte diesen Menschen versichern: Die Hamburgische Bürgerschaft steht in dieser schwersten Zeit eng an ihrer Seite.


Wer vor dem Krieg in der Heimat bis nach Hamburg flieht, ist hier herzlich willkommen; das gilt in meinen Augen im Übrigen für alle Kriegsgeflüchteten. 


Der heutige Tag soll aber ein deutliches Zeichen der deutsch-ukrainischen Verbundenheit sein und damit ein Symbol der Solidarität mit der Ukraine. 


Wir helfen, so gut eine einzelne Stadt dies vermag. Als Zeichen unserer Willkommenskultur hatte die Hamburgische Bürgerschaft zum Beispiel statt des üblichen Sommerfests vor wenigen Wochen die geflüchteten Kinder ins Rathaus eingeladen. Ehrenhof und Diele wurden an drei Tagen zum Ort der Begegnung und des Miteinanders. Es war ein schönes, lautes, abwechslungsreiches und allseits freundlich-respektvolles Wochenende, an dem viele Beziehungen und auch Freundschaften geknüpft oder vertieft wurden. 


Hamburg bietet außer der verlässlichen Kinderbetreuung einen gut organisierten Schulunterricht für ukrainische Kinder und Jugendliche, auch viele Erwachsene haben durch viele pfiffige Ideen und Initiativen und Vermittlungen Arbeit gefunden und wir bemühen uns stetig um gute und bessere Möglichkeiten der Unterbringung. 
Freunde müssen sich helfen, und wir tun unser Bestes dafür.


Sehr geehrte Damen und Herren,
lassen Sie uns den heutigen Blick auf die Zukunft richten: 

Wir müssen jetzt und weiterhin gegen die Dunkelheit zusammenstehen, die Hoffnung nie 
aufgeben und Stärke beweisen. 


Wir müssen uns gemeinsam dafür einsetzen, die Souveränität der Ukraine zu verteidigen, den Krieg zu beenden und unsere Friedensordnung, die wir uns in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg mühevoll aufgebaut haben, wiederherzustellen. 


Für die Zukunft wünsche ich uns und allen Menschen ein friedliches Miteinander im Licht, in Freiheit und Demokratie!


Herzlichen Dank. 

Datum: Mittwoch, 24. August 2022, 10.30 Uhr

Ort: Hauptkirche St. Michaelis