Grußwort der Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft Carola Veit anlässlich der Hamburger „Tage des Exils“ - „Nicht mit uns!"

Es gilt das gesprochene Wort!


Sehr geehrter Herr Dr. Dittmer,

liebe Frau Ismail, liebe Frau Haque,

sehr geehrte Damen und Herren

aber vor allem:

liebe Schülerinnen und Schüler,

 

der Duden definiert das Wort Exil als „langfristigen Aufenthalt außerhalb des Heimatlandes, das aufgrund von Verbannung, Ausbürgerung, Verfolgung durch den Staat oder unerträglichen politischen Verhältnissen verlassen wurde.“


Was für eine nüchterne Definition, wenn man bedenkt, wie viel Angst und Ungewissheit mit jeder Entscheidung für die Flucht ins Exil verbunden ist.


Wir können diese abstrakte Formulierung daher nicht so stehen lassen, sondern wollen sie heute mit Leben füllen.


Shahindha Ismail und Shammi Haque werden uns gleich von ihren Schicksalen berichten. Beide Frauen sind von den Malediven bzw. aus Bangladesch geflohen und leben heute im Exil in Deutschland.


Dass die Malediven und Bangladesch mit autoritären Regierungsstilen und islamistischem Fundamentalismus zu kämpfen haben, dürfte den wenigsten bekannt sein. Meinungs-, Presse- und Religionsfreiheit? Gleichberechtigung von Mann und Frau? Fehlanzeige!


Das wollten Sie, liebe Frau Ismail und liebe Frau Haque, nicht hinnehmen. „Ich wollte die Menschen vor dem Diktator retten“ – dieses hehre Ziel hat sich Frau Ismail schon als Jugendliche gesetzt.


Beide Aktivistinnen warben in ihren Ländern jeweils für demokratische Reformen, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte – mit Engagement und Herzblut, das unseren größten Respekt verdient.


Frau Ismail gründete zum Beispiel die erste Menschenrechtsorganisation der Malediven. Frau Haque kritisierte öffentlich die patriarchischen Strukturen ihres Heimatlandes Bangladesch, in dem sexuelle Belästigungen von Frauen an der Tagesordnung stehen.


Anerkennung wurde den beiden für ihr Engagement nicht entgegengebracht. Im Gegenteil: Gegen Frau Ismail wurden polizeiliche Ermittlungen eingeleitet und ihre Menschenrechtsorganisation verboten. Beide Frauen erhielten ernstzunehmende Morddrohungen von Islamisten.


Daraufhin erhielten sie zwar Polizeischutz, aber an ein normales Leben war trotzdem nicht zu denken. Schließlich flohen beide ins Exil nach Deutschland.


Was für mutige Frauen! Mut braucht es nämlich zweifellos, wenn man den Kampf gegen ein autoritäres Regime aufnimmt.


Neben Mut bedarf es aber auch einer großen Portion Optimismus und den festen Glauben, etwas gegen das übermächtige Regime ausrichten zu können.


Ich finde es zutiefst bewundernswert, dass die beiden Frauen trotz der scheinbar aussichtslosen Lage nicht resignierten, sondern sich noch immer aktiv für Reformen in ihren Heimatländern einsetzen.


Für uns in Deutschland erscheinen die Werte, für die Frau Ismail und Frau Haque kämpfen, ganz selbstverständlich. Sie sind seit mehr als 70 Jahren fest in unserem Grundgesetz verankert und ermöglichen uns ein Leben in Sicherheit und Freiheit.


Doch auch wir müssen tagtäglich darum kämpfen, dass unsere Grundrechte und Staatsprinzipien mehr als nur leere Floskeln sind. Denken wir nur an die Demonstranten im vergangenen Jahr in Berlin, die versuchten, in den Bundestag einzudringen; oder viel schlimmer: an den Regierungspräsidenten von Kassel Walter Lübcke, der wegen seiner flüchtlingsfreundlichen Politik ermordet wurde.


Die Schicksale unserer beiden Gäste führen uns vor Augen, wie wichtig es ist, unsere demokratischen Werte tagtäglich zu verteidigen.


Sie, liebe Frau Ismail und liebe Frau Haque, sind echte Vorbilder, weil Sie sich trotz allem nicht einschüchtern und von ihrem Ziel abbringen lassen. Mein Respekt ist Ihnen Gewiss!


Mein Dank gebührt zudem der Körber-Stiftung, der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte sowie der Herbert und Elsbeth Weichmann-Stiftung, die die heutige Veranstaltung ermöglichen. Ich finde es toll, dass Sie in diesem Jahr für die Tage des Exils ein digitales Ersatzformat entwickelt haben! Denn der Kampf um Menschenrechte bleibt auch – oder besser gesagt: besonders – in der Corona-Pandemie von Relevanz.

 

Vielen Dank.


Datum: Mittwoch, 14. April 2021, 10.00 Uhr
Ort: 
digital