11. und 12. Mai: Sitzungen der Bürgerschaft

Bürgerschaftssitzung im Plenarsaal

Bürgerschaftssitzung im Plenarsaal

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Beide Sitzungstage der Hamburgischen Bürgerschaft beginnen jeweils mit der „Aktuellen Stunde“, zu der stets jede Fraktion ein Thema anmelden kann. Sie dauert am Mittwoch 75 Minuten, am Donnerstag grundsätzlich 45 Minuten, Redezeiten des Senats verlängern sie. Die Reihenfolge der Anmeldungen rotiert unter den Fraktionen – an diesem Mittwoch beginnt die CDU-Fraktion.

 

Aktuelle Stunde (Auswahl):


Der Fall hat in den vergangenen Wochen für erhebliche Empörung in der Öffentlichkeit gesorgt: Weil ihm die Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel trotz gerichtlicher Anordnung nicht fristgerecht eine Therapie bei einem externen Therapeuten ermöglichen konnte, musste ein Mann aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden. Er war wegen mehrfachen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt worden. Der Vorfall war bereits Thema in der Sitzung des Justizausschusses am vergangenen Montag. Nun beschäftigt er auch das Plenum der Bürgerschaft. Die Fraktionen von CDU und  FDP möchten insbesondere erörtern, wie es zu der Entlassung kommen konnte und inwieweit der Justizbehörde unter Senator Dr. Till Steffen ein Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Die beiden Themen im Einzelnen: „Chaos in der Justiz – Skandal-Senator Steffen ist Sicherheitsrisiko für unsere Stadt“ (CDU) und „Chaos-Tage in der Justizbehörde: Senator Steffen überfordert!“ (FDP).

Zu den weiteren angemeldeten Themen der Aktuellen Stunde gehören:

  • „Dialog zwischen den Religionen: Gemeinsam gestalten wir unser Hamburg“ (GRÜNE Fraktion)
  • „Falsche Richtung des Senats in der Wohnungspolitik: zu viel teure Wohnungen, zu wenig Schutz für MieterInnen mit geringem Einkommen“ (Fraktion DIE LINKE)
  • „Scholz: AfD nicht dämonisieren! AfD: Denn man tau!“ (AfD-Fraktion)
  • „Gerade jetzt: Hamburg steht für die Grundwerte der Europäischen Union: Freizügigkeit, Toleranz und Solidarität“ (SPD-Fraktion).

 

Aus der Tagesordnung

 

Zur Debatte angemeldete Anträge (Auswahl)

Für beide Sitzungstage haben die Fraktionen jeweils sieben Punkte zur Debatte angemeldet.


Mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten setzen sich am Mittwoch die Fraktionen auch diesmal mit dem gesellschaftlich wichtigen Thema der Integration auseinander.

 

Integration von Anfang an ernst nehmen

Um eine so vielfältige Gesellschaft wie in Hamburg langfristig weiterzuentwickeln, bedarf es integrativer Maßnahmen, die schon im Schulbereich greifen. Die Fraktionen der FDP und der CDU haben Senatsantworten auf ihre Schriftlichen Kleinen und Großen Anfragen zum Anlass genommen, die Frage, warum Kinder und Jugendliche aus religiösen Gründen nicht am Schulunterricht teilnehmen, näher zu beleuchten. So blieben beispielsweise muslimische Mädchen häufig dem Schwimmunterricht fern, weil sie keinen Badeanzug tragen dürften, oder sie meldeten sich aus religiösen Gründen von Klassenfahrten ab.

Aus dem Integrationsauftrag des Grundgesetzes folge aber, so die FDP-Fraktion in ihrem Antrag „Integration ernst nehmen – Schulpflicht durchsetzen“, dass „alle Schüler auf eine säkulare und pluralistische Gesellschaft hingeführt werden sollen“. Mit der Konsequenz: den „Umgang mit Andersdenkenden“ und „mit vielen unterschiedlichen Überzeugungen und Verhaltensweisen“ zu lernen.


Die CDU-Fraktion kritisiert dazu passend auch in ihrer Drucksache „‘Generation Allah‘ entgegenwirken – Integration von Anfang an“, dass weder die Anträge auf Befreiungen von Sport- oder Schwimmunterricht erfasst noch an die Schulbehörde gemeldet werden.

Beide Fraktionen schlagen in ihren Anträgen vor, den betroffenen Eltern eine Handreichung zur Verfügung zu stellen, die etwa über die Befreiung vom Schwimmunterricht und von Klassenfahrten aufklärt. Dazu könnten, so die CDU-Fraktion, unter anderem die mehrsprachigen Broschüren „Vielfalt in der Schule“ und „Elternratgeber für Zuwanderinnen und Zuwanderer“ gehören. Sowohl die Liberalen als auch die Christdemokraten schlagen abschließend vor, die Anzahl der Befreiungen vom Unterricht und deren Gründe zu dokumentieren.


Weitere Informationen: Parlamentsdatenbank (TOP 30  – Drs. 21/3896, FDP und Drs. 21/4204, CDU)


 

Beruflich erfolgreich dank Integration

Erfolgreiche Integration gelingt  nicht allein über die Einbindung in schulische Bildung, sondern auch unter Berücksichtigung von beruflicher Bildung und Erwerbsarbeit. Bereits unter den hier lebenden Migrantinnen und Migranten gebe es starke Wünsche, selbst gestalterisch an Gesellschaft und Wirtschaft mitzuwirken, so die SPD- und GRÜNE Fraktion in ihrem gemeinsamen Antrag „Perspektiven für die Zukunft – Potenziale von Existenzgründungen für Beschäftigung und Integration fördern“. Diese Motivation lasse sich auch bei den Geflüchteten erkennen. Beide Antragsteller beurteilen die „Ausschöpfung dieses wirtschaftlichen Potenzials“ als einen wichtigen Schlüssel für eine erfolgreiche Verankerung in unserer Gesellschaft.


Deshalb ersuchen die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN den Senat, Wege zu eröffnen, wie zum Beispiel Migrantinnen und Migranten in bestehende Programme zur Existenzgründung aufgenommen werden können. Darüber hinaus sollten Informationen über entsprechende Fördermöglichkeiten in den Flüchtlingsunterkünften bereitgestellt werden.


Weitere Informationen: Parlamentsdatenbank (TOP 49  – Drs. 21/4252)



Am Donnerstag sind unter anderem drei Debattenthemen aufgerufen worden, die sich mit dem öffentlichen Nahverkehr, mit Tierversuchen und einer Petition gegen Rüstungsexporte beschäftigen.

 

Ungerechtigkeiten im HVV-Tarif ausgleichen

Seit dem 1. Februar 2016 wird die HVV-Mobilitätskarte für registrierte und Hamburg zugewiesene Flüchtlinge in Hamburger Erstaufnahmeeinrichtungen verbindlich an Flüchtlinge bei der Erstregistrierung ausgegeben. Sie gilt ab Ausstellungstag in der Regel für drei Monate und kann für beliebig viele Fahrten im Großbereich Hamburg genutzt werden – die Kosten von monatlich 29 Euro (für Erwachsene) und 14,50 Euro (für Kinder von 6-17 Jahren) werden automatisch vom Taschengeld abgezogen.

Mit dieser Karte sollen Flüchtlinge zum Beispiel Behörden und Ärzte aufsuchen, Sprachkurse belegen oder Info-Veranstaltungen besuchen können.


Die AfD-Fraktion bemängelt in ihrem Antrag „Ungerechtigkeiten im HVV-Tarif ausgleichen“, dass Inhaber der ebenfalls in Hamburg erhältlichen Sozialkarte beim Kauf der sogenannten CC-Karte für das gleiche Geld (29 Euro) allerdings weniger Leistung als die Inhaber der HVV-Mobilitätskarte erhielten.

Daher fordert die Fraktion den Senat auf, die CC-Karte des HVV zu einem Preis von 29 Euro im Monat an registrierte und Hamburg zugewiesene Personen im Asylverfahren in den zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen auszugeben und die Mobilitätskarte abzuschaffen.


Weitere Informationen: Parlamentsdatenbank (TOP 36 – Drs. 21/4227)



Förderpreis für tierversuchsfreie Forschung

Bundesweit werden jährlich rund drei Millionen Tiere für Versuchszwecke verwendet – Tendenz steigend. Allein in Hamburg wurden im Jahr 2013 367 Tierversuche genehmigt oder bestätigt. Zwar bestehe bei uns ein Tierversuchsverbot für die Testung von Kosmetika, stellen die GRÜNE und SPD-Fraktion fest, jedoch werden Stoffe, die dem Arzneimittelrecht unterstehen, für kosmetische Behandlungen eingesetzt – so etwa das Nervengift Botulinumtoxin (Botox), das an Mäusen getestet werde.

Die Nutzung von Tierversuchen für die medizinische Forschung sei im Vergleich dazu weit weniger stark umstritten. Denn hier fehle es an geeigneten Alternativmethoden. Deshalb müssten „die Anstrengungen, alternative Forschungsmethoden zu entwickeln und diese zu verbreiten, deutlich verstärkt werden“.


Daher solle der Senat ersucht werden, unter anderem einen „Hamburger Forschungspreis Alternativmethoden zum Tierversuch“ auszuloben. Dieser Preis solle zweijährlich vergeben werden und mit einem Preisgeld von 20.000 Euro dotiert sein. Es sollten vor allem Forschungsmethoden ausgezeichnet werden, die „einen wesentlichen Beitrag zum Ersatz oder zur Minimierung der Anzahl oder zur Verbesserung (Minimierung von Leiden) von Tierversuchen leisten“.


Weitere Informationen: Parlamentsdatenbank (TOP 33  – Drs. 21/4173)



Petition gegen Rüstungsexporte

Unter dem Motto „Grenzen für Menschen öffnen – Grenzen für Waffen schließen“ trafen sich im Februar 2016 rund 200 Demonstranten vor dem Hamburger Rathaus. Im Anschluss übergab der ehemalige Hauptpastor von St. Petri, Christoph Störmer eine Petition gegen Waffenexporte über den Hamburger Hafen an Vertreter von Bürgerschaft und Senat. Rund 2.300 Unterschriften waren zusammengekommen.

Dort heißt es: „Wir, die unterzeichneten Personen und Organisationen, fordern deshalb …, alle Rüstungsexporte durch den Hamburger Hafen fortlaufend zu ermitteln … und öffentlich bekannt zu geben.“ Darüber hinaus sollten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um den „Umschlag der tödlichen Frachten“ zu unterbinden.

Die Fraktion DIE LINKE hat sich vor dem Hintergrund aktueller Kriege und Konflikte in Syrien, Afghanistan oder im Irak dieser Petition angenommen und fordert in ihrem Antrag die Umsetzung der Forderungen, um so „ein wichtiges Signal für Frieden und Verständigung“ zu setzen – ganz im Sinne der Hamburgischen Verfassung, in deren Präambel festgelegt ist, dass die Freie und Hansestadt „im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt sein“ solle.


Parallel dazu haben die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN einen Antrag eingebracht mit dem Titel: „Rüstungsexporte kontrollieren – Transparenz schaffen“. Darin soll der Senat ersucht werden, zum einen die Bundesregierung weiterhin bei ihrer Politik der Reduzierung von Rüstungsexporten „kritisch zu begleiten und in geeigneter Weise zu unterstützen“. Zum anderen solle das Transparenzregister dafür genutzt werden, um darüber zu informieren, wenn von Hamburger Behörden erhobene bzw. gespeicherte Daten über die Ausfuhr von – als Gefahrgüter deklarierte – Rüstungsgüter über den Hafen vorliegen.


Weitere Informationen: Parlamentsdatenbank (TOP 51  – Drs. 21/4253)


Alle weiteren Themen der Bürgerschaftssitzung finden Sie in der Tagesordnung. Sie können die Sitzung ab 15 Uhr im Live-Stream verfolgen.