Schweigeminute für Erdbebenopfer, Ausverkauf bei Gruner+Jahr und Stärkung der Industrie – die Bürgerschaft am Mittwoch

Präsidentin Carola Veit eröffnet am Mittwoch die 62. Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft in der laufenden Legislaturperiode. Gleich zu Beginn der Sitzung wird es eine Schweigeminute für die Opfer des Erdbebens in der Türkei und Syrien geben. Zum Hintergrund: Am vergangenen Montag, den 6. Februar 2023 bebte an der türkisch-syrischen Grenze mehrfach die Erde. Zehntausende Menschen starben bei den schweren Erdbeben, die eine Stärke von bis zu 7,5 auf der Richterskala erreichten. Noch immer gibt es viele Vermisste, weitere Zehntausende wurden verletzt, hunderttausende Menschen wurden obdachlos. Die deutsche Bundesregierung hat den Betroffenen Unterstützung zugesagt.


Die Übertragung der Sitzung erfolgt im Live-Stream und als Stream in Deutscher Gebärdensprache und zeitversetzt mit Untertiteln.

 

Aktuelle Stunde

In der Aktuellen Stunde wird zunächst auf Anmeldung der SPD-Fraktion debattiert: „Bitterer Ausverkauf von Gruner+Jahr: RTL und Bertelsmann mangelt es an gesellschaftlicher Verantwortung und Respekt gegenüber ihren Beschäftigten.“ Das Medienunternehmen Gruner+Jahr hat in der vergangenen Woche angekündigt, mehr als ein Drittel der Mitarbeitenden zu entlassen und etliche Zeitungstitel zu verkaufen oder einzustellen. Betroffen sind etwa die Zeitschriften 11 Freunde, Essen und Trinken, Living At Home, P. M., Landlust, Stern View und mehrere Ableger der GEO. Der Verlag begründet diesen Schritt mit sinkenden Verkaufszahlen und steigenden Produktionskosten. Die SPD-Fraktion sorgt sich nicht nur um die hunderten Mitarbeiter, die nun ihren Arbeitsplatz verlieren. Sie hebt auch den bedeutenden gesellschaftlichen und demokratischen Wert der Zeitungsbranche hervor. Es gelte, die Verfügbarkeit journalistischer Medien unabhängig von ihren Gewinnaussichten zu sichern, so Hamburgs Senator für Kultur und Medien Carsten Brosda. „Demokratie ohne Journalismus ist nicht vorstellbar“, so der Senator in einem Gastbeitrag im SPIEGEL.

 

Daran anschließend hat die GRÜNE-Fraktion das Thema angemeldet: „Die Emissionen müssen runter – und Hamburg liefert: Mit neuen Zielen, einem starken Forschungsstandort und wichtigen Innovationen für den Klimaschutz“. Bis zum Jahr 2030 möchte Hamburg seine CO2-Emissionen um 70 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 senken, bis zum Jahr 2045 sogar CO2-neutral werden. Um diese ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen, müssen in verschiedenen Sektoren umfassende Klimaschutzmaßnahmen getroffen werden. Insbesondere in den Bereichen Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen, Verkehr und in den privaten Haushalten soll CO2 eingespart werden. Der Klimawandel kann nur von Politik und Gesellschaft gemeinsam aufgehalten werden. Alle Bürger:innen Hamburgs wurden deshalb aufgefordert, zwischen dem 16. Januar und 6. Februar 2023 auf einer Online-Plattform ihre Vorschläge und Ideen für einen effektiven Klimaschutz einzureichen. Hunderte Bürger:innen sind der Aufforderung gefolgt. Nun ist es an der Umweltbehörde, die Vorschläge zu sichten, auszuwerten und – bei entsprechender Eignung und Machbarkeit – umzusetzen.


Weitere Themen in der Aktuellen Stunde:

  • „Viele offene Fragen, keine überzeugenden Antworten: Justizsenatorin Gallina steht der Aufklärung im Fall Ibrahim A. im Weg.“ (angemeldet von der CDU-Fraktion)

  • „Antifeminismus und Queerfeindlichkeit klar entgegentreten – Keine Unterstützung für hetzerische Anti-Gender-Initiative“ (angemeldet von der LINKEN-Fraktion)


Aus der Tagesordnung (Auswahl)

Als erster Debattenpunkt steht auf der Tagesordnung: „Der Wille der Hamburger Bürger muss respektiert werden: Systematische Sabotage der Gremienwahlen im Parlament beenden!“ (Drs. 22/10868). Die AfD-Fraktion bemängelt, dass die Bürgerschaft seit ihrer konstituierenden Sitzung am 18. März 2020 nicht, alle Ämter besetzt habe, für die die AfD ein Wahlrecht hätte. Betroffen seien Posten in der Kommission für Stadtentwicklung, in der Härtefallkommission, im Datenschutzgremium, in der Kreditkommission und im Beirat für politische Bildung. Es habe bereits 51 Wahlgänge gegeben, doch immer sei die Wahl gescheitert. Die AfD-Fraktion behauptet, „in jeder nur denkbaren personellen Konstellation unterschiedliche Vorschläge für sämtliche zur Wahl stehenden Ämter unterbreitet“ zu haben. Die anderen Fraktionen würden aber „aufgrund weltanschaulicher Meinungsverschiedenheiten mit der AfD-Fraktion per se keinem Wahlvorschlag ihrer Partei zustimmen.“ Verständigungsangebote der AfD-Fraktion hätten die anderen Fraktionen ebenfalls ausgeschlagen und diese Blockadehaltung sei bewusst undemokratisch, so die AfD.

 

Anschließend möchte die CDU-Fraktion den „Hafen- und Industriestandort Hamburg stärken, Infrastruktur ausbauen“ (Drs. 22/10857). Die CDU-Fraktion weist in ihrem Antrag darauf hin, dass SPD und GRÜNE im Koalitionsvertrag vereinbart hätten, den Bund beim Ausbau der A26 zu unterstützen und die Schifffahrtswege zum Hamburger Hafen leistungsstark zu erhalten. Jüngst habe aber der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN, Dominik Lorenzen, öffentlich verlautbart, die Elbvertiefung sei „eindeutig und endgültig gescheitert“. Umweltsenator Kerstan (GRÜNE) habe zudem die Frage aufgeworfen, ob die Planungen zur A26-Ost „noch zeitgemäß“ seien. Die CDU-Fraktion ist der Auffassung, dass mit solchen Aussagen aus den Reihen eines Koalitionspartners die Aussichten auf Erfolg bei der Umsetzung entsprechender Infrastrukturprojekte des Hamburger Senates, geschwächt werde. Deshalb bedürfe es eines klaren Signals aus der Hamburgischen Bürgerschaft, die CDU fordert, dass das Parlament hinter dem Bau der A26-Ost sowie der Fertigstellung und Aufrechterhaltung der Elbvertiefung stehe.

 

Zum Schluss der Sitzung möchte die LINKE-Fraktion eine „Beratungs- und Monitoringstelle „Behinderung der Mitbestimmung und gewerkschaftlicher Organisation“ (Drs. 22/10855) schaffen. Die LINKE bemängelt, dass die Zahl der Betriebsräte und organisierten Gewerkschaftsmitglieder rückläufig ist. Hintergrund sei, dass Arbeitgeber:innen versuchen, die Betriebsräte und Gewerkschaften loszuwerden. Dabei würde immer häufiger auf Methoden der Behinderung von Mitbestimmung zurückgegriffen. Diese Methoden seien beispielsweise die Behinderung von Betriebsratsarbeit und -wahlen, der Versuch der Auflösung von Betriebsratsgremien oder die Verhinderung von Betriebsratsneugründungen oder auch gezieltes Mobbing und Kündigung von Betriebsratsmitgliedern. Um die Problematik besser erfassen zu können und Betroffenen eine Anlaufstelle für Hilfestellungen zu bieten, sei die Einrichtung einer Beratungs- und Meldestelle nach Einschätzung der LINKEN sinnvoll. Betriebsratsmitglieder, die von ihren Arbeitgeber:innen gemobbt, benachteiligt oder unter Druck gesetzt werden, könnten sich dann an diese Stellen wenden und Unterstützung in Anspruch nehmen.

 

Alle weiteren Themen finden Sie in der Tagesordnung.


Sie können die Sitzung ab 13:30 Uhr im Live-Stream und – zeitversetzt – als Live-Stream mit Untertiteln verfolgen. Für hörbeeinträchtigte Menschen bieten wir ebenfalls einen Live-Stream der Bürgerschaftssitzungen an.


Alle Debattenbeiträge finden Sie am Folgetag zum Anschauen und Herunterladen in unserer Mediathek.