Gedenken an Opfer von Hanau, Green Bonds und Corona-Debatte – Die Bürgerschaft am Mittwoch

Blick über die Brüstung der Orchesterempore in den vollbesetzten Großen Festsaal des Rathauses, in dem aufgrund der Corona-Pandemie eine Bürgerschaftssitzung stattfindet.

Während der Corona-Pandemie finden die Bürgerschaftssitzungen im Großen Festsaal statt. 

vergrößern

Präsidentin Carola Veit eröffnet die insgesamt 19. Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft in dieser 22. Wahlperiode. Die Sitzung findet wegen der Corona-Epidemie nach wie vor unter besonderen Schutzbedingungen im Großen Festsaal des Rathauses statt. Die Abgeordneten werden in reduzierter Anzahl an der Sitzung teilnehmen. Um die Dauer des Aufenthalts aller Beteiligten zu reduzieren, wurden sechs Kurzdebatten angemeldet, bei denen sich die Redezeit auf je zwei Minuten pro Debattenbeitrag beläuft. Einzelne Fraktionen haben teilweise oder komplett auf Debattenanmeldungen verzichtet.

Die Übertragung der Sitzung erfolgt im Live-Stream und als Stream in Deutscher Gebärdensprache (www.hamburgische-buergerschaft.de/buergerschaft-live).

 

Aktuelle Stunde

Die SPD-Fraktion hat das Thema „Ein Jahr nach den Morden von Hanau: Das weltoffene Hamburg kämpft gemeinsam gegen rechten Terror, Rassismus und Menschenfeindlichkeit“ angemeldet. Am 19. Februar 2020 hatte ein rechtsextremer Attentäter im hessischen Hanau insgesamt neun junge Menschen mit Migrationshintergrund erschossen. Die Bundesanwaltschaft attestierte dem Täter eine zutiefst rassistische Gesinnung. In der Öffentlichkeit wurde viel darüber diskutiert, wie es zu dieser Tat kommen konnte. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sieht in der zunehmenden Radikalisierung der Sprache wie zum Beispiel im Internet eine Ursache für das Entstehen solcher hasserfüllten Gedanken. „Die bösartige Menschenfeindlichkeit, die sich im Netz oder anderswo zeigt, ist das gefährliche Gift einer kleinen Minderheit - aber ein Gift, das Wirkung hat. Ein Gift, das immer wieder Menschen glauben macht, sie dürften im Namen eines angeblichen Volkswillens andere Menschen demütigen, bedrohen, jagen oder gar ermorden“, so Steinmeier anlässlich der offiziellen Gedenkfeier in Hanau am vergangenen Freitag. Zugleich räumte er – angesichts der Kritik von Hinterbliebenen über mögliches Versagen der Sicherheitskräfte - auf der Veranstaltung auch Versäumnisse ein: Der Staat habe „sein Versprechen von Schutz und Sicherheit und Freiheit“ gegenüber den Opfern „nicht einhalten können“, sagte er und führte aus: „auch der Staat und alle, die in ihm Verantwortung tragen, sind nicht unfehlbar. Nirgendwo, auch nicht in Deutschland. Und wo es Fehler oder Fehleinschätzungen gab, da muss aufgeklärt werden.“ In vielen weiteren Städten, darunter auch in der Hansestadt, fanden am Wochenende viele Kundgebungen zur Erinnerung an die Mordopfer statt.

 

Green Bonds für klimaneutrale Mobilität – wir investieren in die Zukunft“ – so lautet der Titel, den die GRÜNEN Fraktion zur Aktuellen Stunde angemeldet hat. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau definiert „Green Bonds“ als „Anleihen, bei denen sich die Emittenten [‚Herausgeber‘] gegenüber den Investoren verpflichten, die durch die Emission von Green Bonds erhaltenen Mittel zur Finanzierung von Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen einzusetzen“. Mit der Investition in solche „grünen Anleihen“ können Investoren also gezielt nachhaltige Vorhaben unterstützen. Bis 2013 wurden diese sozialen und ökologischen Projekte vor allem von öffentlichen Förderbanken wie z.B. der Weltbank oder der Europäischen Entwicklungsbank finanziert. Doch seit 2013 ist es auch Privatunternehmen gestattet, grüne Anleihen herauszugeben. Anleihen sind wiederum Wertpapiere, bei denen der Emittent sich zu einer jährlichen Verzinsung und einer Rückzahlung des Kaufbetrages zum Ende der Laufzeit verpflichtet. Wurden Medienberichten zufolge 2012 weltweit noch Green Bonds in Höhe von 2,6 Mrd. Euro aufgelegt, so lag das Marktvolumen 2017 bereits bei 155 Mrd. Euro. Im vergangenen Jahr erreichte die weltweite Emission grüner Anleihen das Rekordniveau von 269,5 Milliarden Dollar.

 

Weitere Themen in der Aktuellen Stunde:

  • „Grüner Kampf gegen das Eigenheim – warum so familienfeindlich?“ (angemeldet von der CDU-Fraktion)

  • „Paulihaus - mit der Säge Fakten schaffen?“ (angemeldet von der Fraktion DIE LINKE)


Aus der Tagesordnung (Auswahl)

Corona-Eindämmungsverordnung in der Diskussion

Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, im Anschluss an die Aktuelle Stunde die Aussprache über die 31. und 32. Änderung der Corona-Eindämmungsverordnung des Senats (Drs. 22/3268 und Drs. 22/3371) als ersten Debattenpunkt auf die Tagesordnung zu nehmen. Die Redezeit beträgt pro Fraktion zehn Minuten, fraktionslose Abgeordnete erhalten je insgesamt fünf Minuten.

Zum Hintergrund: Die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten haben sich am 10. Februar mit der Bundeskanzlerin darauf verständigt, die bestehenden Beschlüsse bis zum 7. März zu verlängern. Diese beziehen sich unter anderem auf medizinische Maskenpflicht, Homeoffice und Arbeitsschutz, Kitas sowie Schulen und andere Bildungseinrichtungen. Gleichwohl wurde festgelegt, dass die Länder „im Rahmen ihrer Kultushoheit über die schrittweise Rückkehr zum Präsenzunterricht und die Ausweitung des Angebots der Kindertagesbetreuung“ selbst entscheiden. Darüber hinaus können Friseurgeschäfte „unter Auflagen“ ab 1. März wieder öffnen. Die Konferenz beschloss ebenfalls, dass „der nächste Öffnungsschritt bei einer stabilen 7-Tage-Inzidenz von höchstens 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner durch die Länder erfolgen“ könne.

 

Auf der Tagesordnung werden weitere Themen jeweils als Kurzdebatten diskutiert:

 

Die AfD-Fraktion nimmt die angespannten Brexit-Beziehungen zwischen Großbritannien und der Europäischen Union zum Anlass, ihren Antrag zur Debatte anzumelden: „Keine Kollektivstrafen für das britische Volk: Hamburg muss sich auch nach dem Brexit für gute Beziehungen zum Vereinigten Königreich einsetzen!“ (Drs. 22/3230). Die Fraktion thematisiert aktuelle Ereignisse rund um das Nordirland-Protokoll, eine Vertragsklausel des Brexit-Austrittsabkommens zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union. Es betrifft die innerirische Grenze zwischen der Republik Irland und dem zum Königreich gehörenden Nordirland und soll verhindern, dass an dieser Grenze stationäre Kontrollen stattfinden. Konkreter Vorfall: Zunächst hatte die EU-Kommission im Januar angekündigt, Lieferungen des Corona-Impfstoffs des Pharmaziekonzerns AstraZeneca zu kontrollieren, da sie von der EU über Nordirland ins Vereinigte Königreich geliefert werden sollten. Nach Protesten wurde dieses Vorhaben jedoch wieder zurückgezogen. Die AfD-Fraktion möchte den Senat ersuchen, „über den Bundesrat … eine Erklärung von der Bundesregierung zu verlangen, wie es zu den jüngsten unfreundlichen Akten der Europäischen Union gegenüber dem Vereinigten Königreich kommen konnte“ und „zu bekräftigen, dass es im Interesse Hamburgs liegt, das freundschaftliche und kooperative Verhältnis zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich nicht zu gefährden, und entsprechend auf die Bundesregierung einzuwirken“. Denn: „Fast 10 Prozent der Hamburger Exporte gehen in das Vereinigte Königreich. Hamburg und Großbritannien verbindet eine jahrhundertelange Tradition des Handels und des kulturellen Austausches.“

 

Die Fraktion DIE LINKE möchte mit ihrem Antrag die digitalen Beratungsangebote der Opferhilfelandschaft verbessern (Drs. 22/3221). Ausgangspunkt sind die jüngsten Ergebnisse der polizeilichen Kriminalstatistik, wonach die Zahlen „im Bereich der Partnerschaftsgewalt und der Sexualdelikte deutlich gestiegen“ seien. Die Fraktion befürchtet jedoch, dass „das Dunkelfeld“ noch wesentlich höher sei. Zudem werde durch die Corona-Pandemie erwartet, dass es „durch die soziale Isolation, die Einengung auf den häuslichen Bereich, existenzielle Sorgen“ auch „weiterhin vermehrt zu gewalttätigen Übergriffen im häuslichen Bereich kommt“. Gleichzeitig könnten die Angebote der Beratungsstellen und Einrichtungen der Hamburger Opferhilfelandschaft „unter den aktuellen Bedingungen jedoch nur eingeschränkt aufrechterhalten“ werden und mittels telefonischer und digitaler Beratungen erfolgen. Zwar erhielten die Hamburger Frauenhäuser und „einige Beratungsstellen“ einen „finanziellen Pauschalbetrag zwischen 4.000 und 5.000 Euro durch die Sozialbehörde, diese Summe stand längst nicht allen Beratungsstellen zur Verfügung“. Die Fraktion ersucht daher den Senat, unter anderem den „Fachberatungsstellen der Opferhilfelandschaft sowie der Koordinierungsstelle der Frauenhäuser 24/7 schnell und unkompliziert die finanziellen Mittel für Hard- und Softwareanschaffungen zur Verbesserung des digitalen Beratungsangebots zur Verfügung zu stellen“. Damit sollen auch finanzielle Mittel für die „Fort- und Weiterbildung der Beschäftigten im Bereich der digitalen Beratung“ sowie eine Vollzeitstelle für eine IT-Fachkraft als Kontaktperson einhergehen.

 

Alle weiteren Themen der Bürgerschaftssitzung finden Sie in der Tagesordnung


Sie können die Sitzung ab 13.30 Uhr im Live-Stream verfolgen. Für hörbeeinträchtigte Menschen bieten wir ebenfalls einen Live-Stream der Bürgerschaftssitzungen an.


Alle Debattenbeiträge finden Sie am Folgetag zum Anschauen und Herunterladen in unserer Mediathek.