Mehr als 1.100 Schülerinnen und Schüler besuchen szenische Lesungen im Rathaus

Mehr als 1.110 Schülerinnen und Schüler haben die szenischen Lesungen „Berichte der Schatten“ im Großen Festsaal des Rathauses besucht. Seit 22 Jahren findet diese bundesweit einzigartige Form der Geschichtsvermittlung, die der Hamburger Künstler Michael Batz im Auftrag der Hamburgischen Bürgerschaft inszeniert, anlässlich des Gedenktags für die Opfer des Nationalsozialismus statt.


Die aktuelle Aufführung schildert die Erinnerungen von Überlebenden des KZ Neuengamme, die ihre Rettung ihrer Widerstandskraft, dem Zufall oder der Solidarität anderer verdankten. Von den mehr als 100.000 Gefangenen des NS-Regimes, die in dem KZ Neuengamme zwischen 1938 und 1945 inhaftiert waren und Zwangsarbeit leisten mussten, starben mindestens 50.000 infolge unmenschlicher Arbeits- und Lebensbedingungen und bei der Räumung des Lagers und den sich anschließenden Todesmärschen.


Vor allem in den 1970er- und 1980er-Jahren sind von der KZ Gedenkstätte Neuengamme Gespräche und Interviews mit ehemaligen Häftlingen des Hamburger KZ Neuengamme geführt worden. Die gesammelten Berichte und Erinnerungen der ehemaligen Häftlinge – etwa 5.500 Seiten – geben unmittelbare und detaillierte Einblicke in das Leben unter den menschenverachtenden Bedingungen, die ein Überleben nur durch Härte, Zufall oder Solidarität untereinander zugelassen haben.


„Das Stück beleuchtet in bedrückender Weise die Torturen im KZ Neuengamme und seinen Außenlagern, und es führt uns ein weiteres Mal vor Augen, wie stark die Opfer unter den Nazis gelitten haben – und wie sie dieses Leid häufig ein Leben lang nicht ablegen konnten“, sagte Präsidentin Carola Veit in ihrer Ansprache. Michael Batz und seinen Künstlerinnen und Künstlern gelinge es mit den Inszenierungen immer wieder, die Ängste, die Verzweiflung, aber – trotz all der Gewalt – auch die Hoffnung der Opfer nachzuempfinden. „Die szenischen Lesungen sind ein tief beeindruckender und unverzichtbarer Bestandteil unserer Erinnerungskultur, die vom Parlament mit großer Überzeugung unterstützt werden.“ Batz wird am Montagabend für sein Engagement zur Bewahrung jüdischer Geschichte und seinen Beitrag zum jüdisch-deutschen Austausch in der Gegenwart mit dem „German Jewish History Award“ der Obermayer-Stiftung in Berlin ausgezeichnet.


Als Sprecherinnen und Sprecher traten Rabea Lübbe, Jantje Billker, Isabella Vértes-Schütter, Michael Weber und Martin Wolf auf. Die musikalische Darbietung kam von Jakob Neubauer, Edgar Herzog und Kateryna Ostrovska.


Bereits am Sonntag kamen mehr als 500 Gäste zur Premiere des Stückes ins Rathaus. Darüber hinaus lädt die Bürgerschaft in jedem Jahr Schülerinnen und Schüler zu zwei Vorführungen ein.


Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar ist in Deutschland seit 1996 ein gesetzlich verankerter Gedenktag. Der Jahrestag bezieht sich auf den 27. Januar 1945, den Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz. 2005 haben ihn die Vereinten Nationen zusätzlich zum internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust erklärt.