Enquete-Kommission: 70 Empfehlungen für den besseren Schutz von Kindern

Nach zwei Jahren Beratung hat die Enquete-Kommission „Kinderschutz und Kinderrechte weiter stärken“ ihre Arbeit abgeschlossen. In dieser Zeit hat die Kommission die Organisation und Infrastruktur des Hamburger Kinder- und Jugendhilfesystems auf den Prüfstand gestellt und 70 Handlungsempfehlungen formuliert. Am Donnerstag hat der Vorsitzende der Kommission Prof. Dr. Christian Schrapper den 639 Seiten langen Abschlussbericht an Präsidentin Carola Veit übergeben (Drucksachen-Nummer 21/16000). Die Empfehlungen der Kommission reichen von einer Neuordnung der Jugendhilfeinspektion und der Beteiligungsprozesse über die verstärkte Einbeziehung von Kinderschutzkoordinatorinnen und -koordinatoren bis hin zu einer möglichen Überarbeitung der Dokumentationssoftware (JUS-IT). Die Hamburgische Bürgerschaft hat im September 2016 die Einsetzung der Enquete-Kommission beschlossen, nachdem in mehreren Fällen Kinder gewaltsam zu Tode gekommen waren, obwohl sie unter staatlicher Obhut standen.

 

Präsidentin Carola Veit: „Ich danke allen Mitgliedern der Enquete-Kommission für ihre wichtige und engagierte Arbeit. Sie haben sich um das Wohl der Kinder und Familien in Hamburg verdient gemacht. Der Abschlussbericht mit seinen Empfehlungen ist ein wichtiger Baustein dafür, wie der Kinderschutz in unserer Stadt verbessert werden kann. Die Bürgerschaft wird in ihrer Kontrollfunktion sehr genau darauf achten, wie diese Empfehlungen berücksichtigt werden.“

 

Vorsitzender der Kommission Prof. Dr. Christian Schrapper: „Die besondere Leistung dieser Enquete-Kommission ist es, wesentliche Fragen der Bürgerschaft zur Stärkung von
Kinderrechten und der Weiterentwicklung des Kinderschutzes in Hamburg einvernehmlich
beantwortet zu haben. Bei den fachlich und politisch oft strittigen Debatten um den
Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie die Unterstützung ihrer Familien können die einstimmig beschlossenen Empfehlungen eine Basis schaffen für die notwendigen Anstrengungen aller Beteiligten: für die Fachkräfte bei öffentlichen und freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe, in Schule und Gesundheit, bei der Polizei und den Familiengerichten, in der Kindertagesbetreuung und der Jugendarbeit bis zu den Verantwortlichen in Senat und Bürgerschaft. Ziel der Kommissionsarbeit war es, Kinderrechte zu stärken, damit alle Kinder in Hamburg geschützt und gesund groß werden und ebenso Kinder in belasteten Lebenssituationen zuverlässig geschützt werden können. Hierzu gibt der Abschlussbericht grundsätzliche Orientierungen und vielfältige konkrete Hinweise.“

 

Uwe Lohmann (SPD): „Diese Enquete-Kommission hat das Wissen rund um Kinderschutz und Kinderrechte gestärkt und zu zahlreichen konkreten Empfehlungen sowie zu wichtigen Prüfaufträgen geführt, die über diese Legislaturperiode hinaus ihre Wirkung entfalten werden. Anhörungen und Befragungen von Praktikern und Beschäftigten auch mittels Online-Befragungen bis hin zu einer Beteiligungswerktstatt haben es ermöglicht, die unterschiedlichen Perspektiven gewinnbringend einzubeziehen.”

 

Philipp Heißner (CDU): „Mit dem vorliegenden Abschlussbericht legt erneut ein Gremium der Bürgerschaft einen umfangreichen Empfehlungskatalog zum Kinderschutz in Hamburg vor. Spätestens nach den zeitintensiven Beratungen der Enquete-Kommission kann sich niemand mehr darauf berufen, dass nicht klar sei, was zum besseren Schutz unserer Kinder getan werden kann. Die Empfehlungen müssen nun schnell und lückenlos umgesetzt werden.”

 

Anna Gallina (GRÜNE): „Der Abschlussbericht zeigt Perspektiven für die Weiterentwicklung des Kinderschutzes und die Durchsetzung der Kinderrechte in Hamburg auf, die uns dabei helfen werden Kinder und Eltern in schwierigen Situationen zukünftig noch besser zu unterstützen. Unsere umfassenden Empfehlungen machen deutlich: Dieses Ziel wird nicht mit kurzfristigen Einzelmaßnahmen zu erreichen sein und ist an eine ganze Reihe komplexer Gelingensbedingungen geknüpft. In den kommenden Monaten und Jahren werden wir uns dieser Daueraufgabe widmen - ich hoffe mit allen Akteuren im Hilfesystem gemeinsam.“

 

Sabine Boeddinghaus (DIE LINKE): „Das jahrelange Hinwirken auf die Einsetzung einer Enquetekommission und die enge Zusammenarbeit der Fraktion mit Praxis und Forschung vor und während der Beratungen haben sich ausgezahlt: Für DIE LINKE sind sowohl die umfangreichen Erkenntnisse zur Ausgangslage als auch die 70 Empfehlungen wichtige Bausteine zur Stärkung von Kinderrechten und Kinderschutz in Hamburg, die nunmehr auch umgesetzt werden müssen. Die wesentlichen Handlungsbedarfe in Hamburg sind offenkundig: Stärkung der offenen alltagsunterstützenden Angebote der Jugendarbeit und Familienförderung, Abbau der bürokratischen Überregulierung der Allgemeinen Sozialen Dienste und die verbindliche Einbeziehung der Kinder, Jugendlichen und Eltern in die Hilfeplanung.“

 

Daniel Oetzel (FDP): „Die EK hat aus Sicht der FDP-Fraktion ihre primäre Aufgabe erfüllt und wesentlich dazu beigetragen, das vorhandene Wissen sowie die Arbeit aus zahlreichen Untersuchungsausschüssen und die regelmäßigen Befassungen in den Gremien der Hamburgischen Bürgerschaft zu bündeln und zu ergänzen. Aus unserer Sicht ist es aber nicht in allen Themenbereichen gelungen, den daraus resultierenden großen Erkenntnisgewinn sowie die aufzeigten Handlungsbedarfe im Abschlussbericht ausreichend zu konkretisieren, weswegen wir in unserem Minderheitenvotum Verbesserungen in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, die Möglichkeit von Perspektivwechsel durch vertiefte Kooperationen, die Verbesserung der gemeinsamen Arbeit an Schnittstellen, wie Polizei oder in Kitas und Schulen sowie verbesserte Möglichkeiten zur rechtlichen Absicherung und Rechtssicherheit von Fachkräften fordern.“

 

Harald Feineis (AfD): „Erneut fanden in Hamburg Beratungen zum Kinderschutz statt, wie schon einige Male zuvor. Erneut gibt es umfangreiche Empfehlungen, die sich teilweise mit jenen der vorangegangenen Ausschüsse decken. Ich hoffe, und wünsche es den Kindern sehr, dass es nun schnellstmöglich zur Umsetzung der Empfehlungen aus dem Abschlussbericht kommt. Es darf keine Ausreden mehr geben. Es sollte wirklich alles, was schnell machbar ist, umgesetzt werden. Dann hätte sich der Gesamtaufwand gelohnt, aber nur dann.“


Foto: Präsidentin Carola Veit und Kommissionsvorsitzender Prof. Dr. Christian Schrapper.