Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Blättermann, liebe Zeitzeug:innen,
sehr geehrte Mitglieder des Hauses, sehr geehrter Staatsrat Pörksen, sehr geehrte Vertreter:innen der Jewish Claims Conference,
lieber Prof. Awi Blumenfeld für die Jewish Claims Conference, liebe Frau Meyer aus dem Bundesministerium der Finanzen,
verehrte Gäste!
„Ihr seid nicht schuldig für das, was damals geschehen ist. Aber ihr macht euch schuldig, wenn ihr nichts von dieser Geschichte wissen wollt.“ Diese Worte richtete Esther Bejerano an junge Menschen, sie wurde von unserer Stadt mit der Ehrendenkmünze in Gold ausgezeichnet.
Durch die Verfolgung, Kriminalisierung und Ermordung von Jüdinnen und Juden, Rom:nja und Sinti:zze, politischen Feinden und anderen Gruppen wurden Millionen Leben zerstört und ganze Familien ausgelöscht.
Die Menschheit soll und darf die Gräueltaten der Nationalsozialist:innen nie vergessen.
Aktuelle Studien zeigen uns, dass nicht mehr alle Deutschen Bescheid wissen. Umdeutungen der Geschichte leugnen unsere Schuld. Geschichtsrevisionismus erhielt längst Einzug in Parlamente, Talkshows und leider auch in unser Rathaus.
Das ist nicht akzeptabel.
Mit der Erinnerung an die Verbrechen der NS-Zeit müssen wir dringender denn je zum Nachdenken anregen. Es ist unsere Aufgabe, noch besser darüber aufzuklären, wie es zu den Verbrechen der Nazis kommen konnte.
Diese Verbrechen waren nur möglich, weil die Mehrheit der Deutschen – auch hier in Hamburg – so bereitwillig mitgemacht hat.
Es gibt kein Vergeben. Es gibt kein Vergessen.
Das zeigt die Ausstellung, die wir ab heute hier im Rathaus sehen können:
Nicht erreichbar – nicht abschließbar: Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts
Am 18. März 1953 stimmte der Bundestag dem Luxemburger Abkommen zu. Deutschland erklärte sich damit bereit, 3,45 Milliarden Mark an Israel und die Jewish Claims Conference zu zahlen. Es war kein Abkommen nur mit Israel, sondern mit dem jüdischen Volk.
Die Entschädigungen der Opfer dauern bis heute an.
Eine Überlebende schreibt in ihrem Antrag, „der Krieg endete, Überlebende reichten Ihre Anträge ein, ich tat es nicht, obwohl ich natürlich das Recht dazu hatte. Ich war absolut nicht in der Lage mich zu entschließen, von all diesen Jahren des Unglücks zu erzählen, in denen ich von meiner Familie getrennt war. […] Es war schmerzhaft und unerträglich.“
Meine Damen und Herren,
Menschenleben, vergossenes Blut, die Folter und die Traumata können niemals wieder gut gemacht werden. Ebenso wenig können Strafen, Gelöbnisse oder Reue die Schmerzen der Opfer lindern.
Was wir aber tun können, ist Verantwortung zu übernehmen und die Würde der verfolgten Menschen wahren.
Die Luxemburger Abkommen waren ein erster Schritt.
Vor 60 Jahren nahmen Israel und Deutschland diplomatische Beziehungen auf. Heute sind wir in Freundschaft verbunden.
Erinnern und Gedenken sind und bleiben wichtige Aufgaben. Es ist mehr erforderlich als eine amtliche Gedenkroutine. Die Bürgerschaft nimmt diese Verpflichtung sehr ernst und gedenkt der Opfer mit szenischen Lesungen, Ausstellungen und arbeitet aktuell die eigene Geschichte auf. Wir unterstützen die jüdische Gemeinde bei der Errichtung der Bornplatzsynagoge.
Jüdisches Leben in Deutschland ist vielfältig, munter und selbstbewusst, auch bei uns in Hamburg.
Es zu schützen und sichtbar zu machen, ist unsere Pflicht.
Dass Jüd:innen heute so gefährdet sind, wie nie seit 1945.
Das ist unerträglich.
Die Geschichte verpflichtet uns alle, sich für Menschlichkeit und Gerechtigkeit einzusetzen. Auch über Landesgrenzen hinweg.
Als Freunde Israels müssen wir weiter für ein Ende des Terrors kämpfen. Die Geiseln müssen alle nach Hause kommen. Das Blutvergießen muss enden.
Meine Damen und Herren, diplomatische Bemühungen werden den demokratischen Ländern viel abverlangen. Nur weil es nicht einfach ist, dürfen wir nicht aufgeben. Wir und unsere europäischen Nachbar:innen müssen uns jetzt unserer Verantwortung bewusst werden. Es ist unsere Aufgabe für Menschlichkeit, Rationalität und Frieden zu werben.
Vielen Dank.
Datum: 6. März 2025, 15 Uhr
Ort: Rathaus, Lobby